Geschichte der Windkraft
Kurzfassung der Historie weltweit und in Österreich
Erste Windräder im arabischen Raum
Erste Anfänge der Windkraftnutzung gehen auf einfache Windmühlen im arabischen Raum noch vor unserer Zeitrechnung zurück. In den letzten Jahrhunderten etablierte sich die Windenergie auf breiter Ebene, da sie zum Mahlen herangezogen wurde. Daher kommt noch der Name "Windmühle". Eine andere Anwendungsform diente der Entwässerung der Deiche in den Niederlanden. Mitte des 19. Jahrhunderts existierten in Europa 200.000 Windmühlen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch andere Motoren ersetzt wurden.
Österreich: Wiege der elektrischen Windkraftnutzung
Der Österreicher Josef Friedländer war wohl der erste Mensch, der mit einer Windturbine Strom erzeugte. Das zeigen Dokumente, die der französische Windexperte Philippe Bruyerre kürzlich entdeckte. Das erste Windrad zur Stromerzeugung wurde 1883 auf der Internationalen Elektrizitätsausstellung in Wien präsentiert.
In der Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines vom 28. Juli 1883 befindet sich eine Abbildung, die den prominenten Standort der Windturbine im Eingangsbereich des Ausstellungsgeländes vor der Rotunde im Wiener Prater zeigt. Die Erfindung Friedländers wurde folgendermaßen beschrieben:
„Der zwischen der Nordgalerie der Rotunde und dem Lagerhause rückwärts des Bahnhofs der elektrischen Bahn von Ingenieur Josef Friedländer ausgestellte 5pferdige Halladay’sche Wind-Motor zur Anhäufung elektrischer Energie mittelst einer kleinen Dynamo-Maschine und Accumulatoren (System de Calo) zum Betriebe einer neuartigen Dreschmaschine (Patent Schuppisser), auch bei zeitweiligem Ruhestand des Motors.“
Bei dem Windrad handelte es sich um eine Windturbine des Halladay-Bautyps, die in Nordamerika auf Farmen in erster Linie zum Pumpen von Wasser eingesetzt wurden. Der Rotor des Windrads hatte einen Durchmesser von 6,6 Metern und trieb einen Dynamo am Boden an, der Strom in mehrere Batterien einspeiste, welche wiederum Werkzeuge und Lampen sowie eine Dreschmaschine betrieben. Somit blickt Österreich auf eine bereits 140-jährige Geschichte der Windkraft zurück.
Dänemark: Moderne Windkraftnutzung in größerem Umfang
Die moderne Windkraftnutzung für die Stromerzeugung beginnt knapp vor 1900 in Dänemark. Aus der starken dänischen Volkshochschulbewegung heraus wollte man neue Chancen für die ländliche Bevölkerung erschließen. Dazu sollte die Stromversorgung mittels Windkraftanlagen dienen. Die damaligen Entwicklungen waren erstaunlich zuverlässig. Durch die windkraftbetriebenen E-Werke fand in Dänemark als einzigem Land der Erde die Elektrifizierung in ländlichen Gebieten gleichzeitig oder sogar früher statt als in den Städten. Durch die sich ausbreitenden zentralen Kohlekraftwerke samt ihren Überlandleitungen wurden die Windkraftanlagen verdrängt. Zu Krisenzeiten, beispielsweise in den Weltkriegen, griffen findige Ingenieure auf die Windkraft als unabhängige Energiequelle regelmäßig zurück und brachten sie auf den aktuellen Stand der Technik.
Startschuss erfolgt in der Energiekrise
Der eigentliche Startschuss zu dem anhaltenden Boom erfolgte jedoch erst nach der ersten Energiekrise 1973/74. Um die Erdölabhängigkeit zu reduzieren, sollten in Dänemark in Zukunft nur noch Atomkraftwerke gebaut werden. Aufgerüttelt durch diese Pläne, begannen engagierte Praktiker, an ihren eigenen Energiekonzepten zu arbeiten. Daraus entstand 1976 die erste netzgekoppelte Windkraftanlage (WKA) im Eigenbau. Die Windräder wurden zum Symbol der Anti-Atom-Bewegung und immer mehr Leute wollten mit ihren "Windmühlen" ein Zeichen setzen. Die Anlagen wuchsen kontinuierlich von einer Anfangsgröße von 22 kW und 15 m Durchmesser. Aus den Bastlerwerkstädten wurden kleine Betriebe.
Erste Windparks in USA und Deutschland
Der Durchbruch für die Windkrafttechnologie wurde 1985 durch Steuerabschreibungs-Regelungen in Kalifornien eingeleitet. Durch diese Regelungen wurde die Errichtung von Windkraftanlagen zu einem lukrativen Geschäft. Da nur die Dänen zu dieser Zeit tatsächlich funktionierende Anlagen anbieten konnten, verwandelte sich in Dänemark das Manufakturprodukt Windkraftanlage mit einem Schlag in ein Massenprodukt, das mehrere tausend Mal pro Jahr erzeugt wurde. Als nach wenigen Jahren die Steuerabschreibungsmodelle eingestellt wurden, fand der kalifornische Windkraftboom ein jähes Ende. Die Größe der Serienanlagen war auf 125 kW und 20m Durchmesser angewachsen.
In den USA und Deutschland wurden gleichzeitig staatliche Forschungsprogramme durchgeführt. Dabei baute man Pilotanlagen mit einer Größe von bis zu 4500 kW und einem Rotordurchmesser von bis zu 120 m. Fast alle dieser top-down Ansätze endeten jedoch erfolglos. Nach der kalifornischen Ernüchterung gestaltete dich die Windkraftnutzung in Dänemark in verkleinertem Maßstab. Unterstützt wurde sie dabei von der Politik, die die Windenergie als heimische und umweltfreundliche Energieform anerkannte. Dadurch gab es für Windkraftanlagen verschiedene Förderungen: unter anderem wurden für den Strom aus Windrädern höhere Tarife festgesetzt. Das dritte Land, das aus der Geschichte der neuen Windkraft nicht wegzudenken ist, ist Deutschland. Dort trat 1991 das sogenannte Stromeinspeisungssgesetz in Kraft, das Windenergieanlagenbetreibern einen wirtschaftlichen Einspeisetarif sicherte. Auch andere Länder folgten dem dänisch/deutschen Vorbild wirtschaftlicher Einspeisetarife, was zu jährlichen Wachstumsraten von über 40 % in der Windbranche dieser Staaten führte.
Geschichte der Windkraftnutzung in Österreich
Auch in Österreich weckte die Energiekrise das Interesse an Erneuerbaren Energien im Allgemeinen und an der Windenergie. Die staatlichen Forschungsanstrengungen konzentrierten sich auf kleine Anlagen. Trotz ansehnlicher technischer Lösungen blieb der rasche Erfolg aus. Dies, die Beruhigung auf dem Energiemarkt und vor allem das Fehlen einer Erprobungs- und Absatzmöglichkeit auf dem Heimmarkt brachten die österreichischen Forschungsanstrengungen in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre zum Erliegen.
Potenzial lange Zeit unterschätzt
Lange Zeit wurde angenommen, dass das österreichische Windpotenzial für eine Nutzung durch Windkraftanlagen unzureichend sei. Erst eigene Messungen von Windenergieliebhabern Ende der 80er-Jahre zeigten die guten Windverhältnisse auf. Viele Standorte in Ostösterreich, speziell im Burgenland, können selbst mit Gebieten 15 km hinter dänischen und deutschen Küsten konkurrieren.
Förderung über das Ökostromgesetz
1994 kam es zu einer ersten Förderregelung für Windkraft, in deren Folge im Marchfeld die erste größere Windkraftanlage Österreichs mit einer Leistung von 150 kW errichtet wurde. Ein Jahr später wurde die erste Windkraftanlage mit Bürgerbeteiligung in Michelbach errichtet. Die österreichische Windkraft und Bürgerbeteiligung sind seit dieser Zeit sehr eng miteinander verbunden. Bereits 1996 hatten die Windkraftanlagen eine Leistung von einem halben MW erreicht. Die Hartlauer-Anlagen in Vösendorf wurden auch in diesem Jahr errichtet. Mit dem Elektrizitätsgesetz ElWOG wurde 1998 erstmals eine Abnahmepflicht zu festen Tarifen (Einspeisetarifen) für Ökostromanlagen geschaffen, welches im Ökostromgesetz 2002 weiter ausgebaut wurde. Das Gesetz löste einen Bauboom aus. 2006 erfolgten durch eine Novelle des Ökostromgesetzes wieder stark einschränkende Maßnahmen. Einspeisetarife werden nur mehr für jene Anlagenbetreiber vergeben, welche einen Vertrag mit der Ökostromabwicklungsstelle OeMAG erhalten. Es ist ein jährliches Kontingent an Fördermitteln für Neuanlagen vorhanden, nur solange dieses nicht erschöpft ist, gibt die OeMAG Verträge aus. Diese Regelung führte in Kombination mit äußerst niedrigen Einspeisetarifen dazu, dass in den Jahren 2007 bis 2009 bis auf wenige Ausnahmen fast keine Windkraftanlagen in Österreich errichtet wurden.
Erst die im Oktober 2009 in Kraft getretenen Verbesserungen des Ökostromgesetzes sowie der für 2010 verordnete Einspeisetarif in Höhe von 9,7 ct/kWh brachten den Windkraftausbau in Österreich wieder in Gang.
Ausbauboom in Stufen
Mit dem Ökostromgesetz 2012 wurde eine zweite große Ausbaustufe der Windkraft losgetreten, die Jahre 2012, 2013 und 2014 verzeichneten jeweils ein Rekordwachstum. Danach begann der Windkraftausbau langsam zu stocken. Aufgrund des Marktpreisverfalls standen weniger Fördermittel zur Verfügung und konnten weniger Förderverträge vergeben werden, es bildete sich eine Warteschlange von baureifen Projekten. Diese Warteschlange wurde durch Sondermittel durch eine Ökostromnovelle 2017 zur Hälfte abgebaut. Im September 2019 wurde eine weitere Novelle des Ökostromgesetzes beschlossen, die durch Vorziehen von für die Zukunft vorgesehenen Fördermitteln ermöglicht, dass alle zu diesem Zeitpunkt genehmigten Windkraftprojekte mit Förderverträgen bedient werden. Die Anzahl der errichteten Anlagen ging aufgrund dieser zögerlichen Stop-and-go-Politik in den letzten Jahren jedoch zurück, die 2019 und 2020 mit Förderverträgen bedienten Projekte müssen aufgrund der langen Wartezeit nun großteils umgenehmigt werden und können erst danach errichtet werden.
Neuregelung der Ökostromförderung
Für aktuell in der Genehmigung befindliche Windkraftprojekte besteht keine Perspektive für einen Fördervertrag. Seit 2018 gibt es intensive Diskussionen über eine Neuregelung der Ökostromförderung. Unter der türkis/grünen Regierung wird diese Neuregelung des Ökostroms unter dem Schlagwort Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) gehandelt, es soll ein modernes, funktionstüchtiges Förderregime geschaffen werden. Es regelt die Rahmenbedingungen für die Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien.
Weiterführende Links
Windkraft in Zahlen
Aktuelle Informationen zum Ökostromgesetz
Aktuelle Information zum EAG
Statistik: Windkraft in Österreich
Erklärvideo: Die Geschichte der Windkraft
Leonhardt: Internationale Elektrische Ausstellung Wien 1883 (Seite 17)