Der Mann, der Windräder und Segelboote steuert

Porträt Wind-Menschen

Bild: © Gabriel SchwanzerBild: © Gabriel Schwanzer

Wie war Ihr Einstieg ins Berufsleben und wie sind Sie zur Windkraft gekommen?

Gabriel Schwanzer: Nach meiner Lehre als Elektroinstallateur hat mich das Thema Steuerungs- und Automati- sierungstechnik gepackt. Ich habe dann in der Schweiz eine Elektrotechnik-Aus- bildung gemacht und anschließend als Software- und Regelungstechniker bei der Firma Bachmann begonnen. Dort bin ich nun seit 33 Jahren und seit 20 Jahren mit der Windkraft beschäftigt.

Sie sind also offenbar Techniker aus Leidenschaft.

Unbedingt, vor allem hat mir das Engi- neering getaugt, die enge Zusammen- arbeit mit dem Kunden. Da ging‘s an- fangs um servoelektrische Anlagen und Energieoptimierung: Wie kann eine An- lage weniger Energie konsumieren, wie kann ich die Performance steigern und die Betriebskosten reduzieren? Um die kommerziellen Aspekte besser zu ver- stehen, habe ich noch ein Studium zum Diplom-Wirtschaftsingenieur gemacht.

Und wann ist dann die Windkraft ins Spiel gekommen?

1999 haben wir bei Bachmann eine Anfrage bekommen, wie man die Per- formance einer Windkraftanlage mit Automatisierungstechnik verbessern kann. Und es war dann eine absolute Punktlandung, dass unser Produkt, das in industriellen Anlagen im Einsatz war, genau den Anforderungen entsprach:modular, flexibel, hohe Performance, hohe Verlässlichkeit und auch hohe Lauf- und Langzeitverfügbarkeit.

Die Windkraft ist ja zu der Zeit überhaupt erst als Industriezweig entdeckt worden.

Das kann man auf jeden Fall so sagen. Zwischen 2002 und 2006 raste der Zu- wachs an Windenergie praktisch durch die Decke. Zu etablierten Herstellern kamen in rascher Folge neue Unternehmen und neue Technologien hin- zu. Auch weltweit tat sich viel, Länder wie zum Beispiel China forcierten die Windkraft für sich – heute verfügt China mit Abstand über die größte installierte Windkraftleistung weltweit. In der Folge wurde dann die Entwicklung in Rich- tung größerer und leistungsstärkerer Windkraftanlagen im On- und Offshore- Bereich rasant vorangetrieben.

Und Bachmann war bei diesem Boom von Anfang an dabei?

Ja, denn wir hatten bald ein großes amerikanisches Unternehmen als Kunden. Das war natürlich eine riesige Herausforderung, speziell im logistischen Bereich. Und innerhalb kurzer Zeit waren wir dann international aufgestellt. Diese Entwicklung hat mich persönlich sehr fasziniert und auch gefordert. Heute sind über 110.000 Windkraftanlagen weltweit mit unserer Automatisierungstechnik ausgestattet, das heißt, jede dritte Windkraftanlage weltweit wird mit einem Bachmann-System gesteuert.

Sie sprechen oft die Ähnlichkeiten zwischen Windrädern und Segelbooten an.

Weil ich ein begeisterter Segler bin und mein Motto dem Spruch von Aristoteles folgt: „Man kann den Wind nicht ändern, aber man kann die Segel richtig trimmen.“ Dieses Spiel mit dem Wind, wenn ich das Segel ein paar Zentime- ter anders justiere und sofort den Effekt merke, fasziniert mich. Und genau da- rum geht es auch bei einer Windkraft- anlage: Wie kann ich Rotorblätter und Gondel so sauber positionieren, dass ich die Performance optimiere, mehr an Produktivität heraushole, damit die Windenergie noch wirtschaftlicher wird?

Und jetzt kommt Automatisierungstechnik auf Schiffen dazu?

Ja, das ist ein weiterer neuer Syner- gieeffekt, der sich für unsere Automa- tisierungsprodukte aufgetan hat. Auf Schiffen gibt es durch Vibrationen ähnliche Belastungen wie auf Wind- kraftanlagen. Die hohe Verfügbarkeit, Verlässlichkeit und Robustheit unserer Produkte sind entscheidende Argumente. Um zum Beispiel die Landebrücke eines Schiffes beim Anlegen an einer Plattform punktgenau platzieren zu können, braucht es eine dynamische Positionierung des Schiffes. Und genau dafür setzen wir unsere Hardware und Software-Tools auf See ein.

Reden wir zum Schluss noch über Sie als Musiker.

Seit 40 Jahren spiele ich leidenschaftlich gern Trompete. Es ist für mich Entspan- nung pur. Ich bin auch Mitglied eines Musikvereins, bei dem viel Analogie zu einem Unternehmen besteht: Man ist in einem Team, jeder muss seine Leistung bringen, hat einmal ein Solo, fügt sich dann aber wieder ins Orchester ein. Der Dirigent gibt vor, wie das Stück zu spie- len ist. Und auch im Unternehmen sollte es dann so sein, wie die Musiker sagen: Ein guter Dirigent stört das Orchester nicht, wenn die Sache einmal läuft.

Zur Person

Gabriel Schwanzer ist Director Business Unit Wind der Bachmann electronic GmbH.


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Die Serie "Windmenschen" erscheint in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie". Porträtiert werden verschiedene Menschen, die in der Windbranche arbeiten - meist "aktiv", direkt am Windrad.