Der Mann, der Kärntens Windkraft nutzt

Wilfried Klauss ist unser Windmensch im April

Sie sind Kärntens Windpionier. Wie ist es dazu gekommen?

© AAE Naturstrom
 © AAE Naturstrom

Wilfried Klauss: Ich bin in einer Familie im Kärntner Gailtal aufgewachsen, die schon seit 1886 ein Wasserkraftwerk und ein eigenes Stromnetz betreibt, daneben noch ein Hotel und eine Landwirtschaft. In meiner Ausbildungszeit war ich viel im Ausland unterwegs, habe in der Schweiz Hotelier gelernt, eine kaufmännische Ausbildung gemacht, Elektrotechnik gelernt und viele Praxiserfahrungen in großen Wasserkraftwerken, renommierten Hotels und internationalen Firmen gewonnen.

Was hat Sie dann wieder nach Kärnten geführt?

Mit 24 Jahren bin ich mit konkreten Zielen nach Hause gekommen, und da mein Vater schon früh verstorben war, habe ich mich um die Familienbetriebe gekümmert. Ich musste sofort wichtige Entscheidungen treffen. Der Ausbau der Wasserkraft stand an, ebenso die Modernisierung des Ortsstromnetzes und die Renovierung des Hotels. Wir haben uns überlegt, worauf wir uns konzentrieren wollen, und das war dann eindeutig die Strombranche.

Und wann kam dann später die Windkraft ins Spiel?

Als ich 1996 erfahren habe, dass es die ersten Windturbinen gibt, war ich von dieser Idee sofort begeistert. Jedes Mal, wenn ich oben am Plöckenpass an der Grenze zu Italien bei der Zollkontrolle aussteigen musste, hat mich der Wind durchgebeutelt. Deshalb fiel mir der Pass rasch als geeigneter Standort für ein Windrad ein. Bald bin ich mit den Leuten von Enercon zusammengesessen, die damals gerade die E-40 auf den Markt brachten. Es war ein Wagnis und auch ein bisschen verrückt, gemeinsam haben wir dann aber beschlossen, wir riskieren es. So entstand die erste Bergwindturbine Europas.

Wie habt ihr das mit der Stromableitung vom Berg geschafft?

Ich hatte zwei Jahre vorher in der Nähe zwei Bergstauseen errichtet und war mit den Stromleitungen daher schon in Nähe der Passhöhe. Bläst der Wind, fahren wir die Wasserkraftwerke zurück und die Stauseen füllen sich, lässt der Wind nach, lassen wir wieder mehr Wasser ab. Seit 2000 ist dieses kombinierte Hydro-Solar-System in Betrieb, wofür wir auch den Eurosolar-Preis bekommen haben. Heute umfasst der AAE-Naturkraftwerkpark 14 Wasserkraftwerke, zwei Windräder in Kärnten – das zweite haben wir nach langer Projektphase 2017 in Betrieb genommen – und weitere in Niederösterreich und Slowenien sowie viele PV-Anlagen. Alle diese variablen Kraftwerke haben wir in unserer Leitwarte zusammengefasst, sodass wir über unsere Stauseen – die grünen Batterien – die fluktuierende Erzeugung jederzeit ausgleichen können.

Welches Gebiet versorgen Sie mit Ihrem Ökostrom?

Wir versorgen hier das Regionalnetz in Kötschach-Mauthen, in Katastrophenfällen aber auch weite Teile des Gailtals. 2014 gab es eine Schneekatastrophe, oben am Pass lagen sechs Meter Schnee, im Tal unten drei Meter. Nichts ging mehr, eine ganze Woche war das Tal von der Außenwelt abgeschnitten, doch die AAE-Stromversorgung klappte lückenlos und trug dazu bei, dass die ärztliche und die Lebensmittelversorgung sowie viele Notdienste inklusive der Handymasten funktionierten.

Die AAE ist noch heute ein echtes Familienunternehmen.

Ja, wichtige Teile der AAE Gruppe werden von einem Familienmitglied geleitet. Den in unserem Regionalnetz nicht benötigten Strom verkaufen wir in ganz Österreich an mittlerweile 30.000 Kunden. Den Naturstromvertrieb führt heute mein Sohn Wilfried jun. gemeinsam mit Richard Kalcik von der Ökoenergie Wolkersdorf, die viel Windstrom beisteuert. Um die Kraftwerke, die Stromerzeugung und das Stromnetz kümmert sich mein Sohn Roland. Meine Tochter Ruth organisiert die Social Media, die interne Kommunikation und den Außenauftritt. Und wie in jedem guten Familienunternehmen verwaltet die Frau des Hauses, meine Gattin Margarete, die Finanzen und die Firmenorganisation.

Und was machen Sie selber im Unternehmen, aber auch privat?

Ich bin Geschäftsführer der Holding der AAE-Firmengruppe, und da ich in der Familie den breitesten Rücken habe, konzentriere ich mich auf die Projektentwicklung und Behördenwege. Denn dafür muss man sich eine gewisse Hartnäckigkeit und Belastbarkeit angeeignet haben. Ich wandere regelmäßig, habe nahezu alle Flüsse in den Südalpen vom Kajak aus kennengelernt und pflege und hege ein großes Fliegenfischer-Revier – immer findet man mich in der Nähe eines Naturgewässers.

Zur Person

Wilfried Klauss ist Geschäftsführer der Alpen Adria Energie Gruppe und Pionier für Strom aus erneuerbaren Energien in Kärnten.


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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie". Da viele der Artikel im Umfang für die Homepage optimiert wurden, empfehlen wir den Download des Original-Artikels.