Porträt Wind-Menschen - Der Mann, der auf das Windrad klettert

In der Serie „Wind-Menschen“ stellen wir Ihnen diesmal Johann Spenger vor, der Führungen auf das Windrad in Lichtenegg leitet.

Wie sind Sie dazu gekommen, hier beim Windrad in Lichtenegg Führungen zu machen?

© Gerhard Scholz
 © Gerhard Scholz

Johann Spenger: Ich hab einen kleinen Betrieb für Elektroinstallationen gehabt, bin aber schon in Pension. Dann hab ich gelesen, dass die Gemeinde Leute für diese Führungen sucht, und hab mir gedacht, das wär was für mich. Da kann ich mich körperlich betätigen und komme mit vielen Menschen zusammen, und das gefällt mir einfach.

Wie oft klettern Sie da hinauf?

So an die 20-mal pro Jahr; sowieso mit allen Besuchern, aber oft komme ich auch nur privat mit meiner Frau her, vor allem wenn gute Fernsicht ist. Dann sieht man mit dem Fernglas bis ins Wiener Becken, man sieht die Burg in Pressburg, den Neusiedlersee, die Windkraftanlagen auf der Parndorfer Platte und im Westen den Hochwechsel, Rax und Schneeberg.

Was sagen Sie als gelernter Elektriker zur Windkraft?

Mir gefällt, dass man Energie, die vor Ort vorhanden ist, nutzen und in elektrische Energie umwandeln kann. Mit dieser einen Anlage erzeugen wir so viel Strom, wie 700 Haushalte benötigen, und das ist doch einiges. Die Gemeinde Lichtenegg ist schon energieautark, denn wir haben noch zwei Biogasanlagen, viele Photovoltaikanlagen, eine Fernwärmeanlage und viele thermische Solaranlagen. Der Mix macht es aus.

Wie war das damals, als das Windrad aufgebaut wurde?

Na da war ziemlich was los, das war ein richtiger Wallfahrtsort hier. Schon die Anfahrt mit den Tiefladern hat in der ganzen Gegend für Aufsehen gesorgt. Und während der Errichtung gab es hier heroben immer eine Menschenansammlung; aus der ganzen Gegend sind die Leute zusammengeströmt, um sich das Spektakel anzuschauen.

Und wie haben die Menschen die Windkraftanlage aufgenommen?

Die meisten Leute sind absolut positiv dazu eingestellt. Allein die Tatsache, dass sich damals so viele Menschen aus der Umgebung als stille Gesellschafter an dem Projekt beteiligt haben, sagt ja schon einiges aus. Und über 20.000 Menschen sind schon als Besucher hierhergekommen, und da bekommen wir überwiegend positive Rückmeldungen; die Leute sind alle schwer beeindruckt, wenn sie die Anlage aus der Nähe erleben.

Aber es kommen Ihnen doch sicher auch Kritiker unter.

Wenn sich Leute kritisch äußern, sage ich immer: Leutln, fahrtŽs einmal nach Tschernobyl und Fukushima, und wenn ihr dann wieder zurück seid, dann reden wir weiter. Ich habe gelesen, dass der radioaktive Output von Fukushima 168-mal dem der Atombombe von Hiroshima entsprochen hat. In meinen Augen ist ein AKW eine Höllenmaschine, die wir nicht beherrschen.

Was sagen Sie Menschen, die den Anblick von Windrädern als störend empfinden?

Ich will Tschernobyl und Fukushima auch nicht mehr sehen. Wir müssen uns auch von Öl, Gas und vor allem Kohle verabschieden und voll auf erneuerbare Energien setzen. Mit der Windkraft nutzen wir heimische erneuerbare Energie. Das Problem ist, dass zum Beispiel Staukraftwerke in den Alpen für die Menschen nicht sichtbar sind, die Windräder dagegen sieht man überall. Aber sind diese künstlichen Stauseen in den Bergen schön, die doch ein massiver Eingriff in die Natur sind?


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Die Serie "Windmenschen" erscheint in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie". Porträtiert werden verschiedene Menschen, die in der Windbranche arbeiten - meist "aktiv", direkt am Windrad.