Infraschallemissionen von Windenergieanlagen

Gestützt durch Studien zum Thema Infraschall ist davon auszugehen, dass moderne Windenergieanlagen (WEA) keine Infraschallemissionen mit gesundheitsschädlichem Ausmaß bei Anwohnern in angrenzenden Wohnhäusern verursachen

Vorwort:

Mittlerweile mehren sich Stimmen, die Windenergieanlagen als Quelle für schädlichen Infraschall ansehen. Häufig werden dabei gemessene Daten aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen und mit anderen Schallkenngrößen verglichen, die jedoch keinen Bezug zu Infraschall aufweisen. Dies führt zu haltlosen Rückschlüssen und erweckt fälschlicherweise den Eindruck, emittierter Infraschall von einer WEA würde ein großes Problem sein, dem zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen würde.

Die Ursache liegt meist in der Definition von „Infraschall“ begründet, wobei beispielsweise für viele nicht klar ist, dass Schall nicht gleich Schall ist. Es gibt den Körperschall, der bei hoher Belastung (Vibrationen von Oberflächen) Krankheiten wie z.B. die „Vibroacoustic Disease“ zu Folge haben kann, im Gegensatz zum luftgeleiteten Schall, der unter Umständen das Gehör schädigen kann (Diskobesuche etc.).

Um den theoretischen Ansatz untermauern zu können, sind genügend aufschlussreiche Ergebnisse aus Messungen erforderlich, die jedoch bislang nur vereinzelt existieren.

Schall und Schallwahrnehmung Luftgeleiteter Schall und Körperschall

Bei luftgeleitetem Schall handelt es sich um periodische Luftdruckschwankungen, die sich in Form einer Längswelle (auch Logitudinalwelle genannt) durch den Raum ausbreiten und dabei Schallenergie transportieren. Beim Körperschall wird die Schallenergie neben Längswellen auch durch Biegewellen (Transversalwellen) transportiert.

Übertragung von luftgeleitetem Schall zum Körperschall

Mit welcher Qualität eine Übertragung von luftgeleitetem Schall zum Körperschall möglich ist, ergibt sich aus dem Unterschied der akustischen Impedanzen von Luft und Festkörper, sprich des Widerstandes, der dem Schall beim Übergang von einem in das andere Medium entgegen- und somit dämpfend wirkt. Die akustische Impedanz hängt von der Dichte eines Mediums und von der in dem Medium möglichen Schallgeschwindigkeit ab. Je ähnlicher sich die Impedanzen sind, desto leichter kann Schall vom einen ins andere Medium übergehen. Der Unterschied der akustischen Impedanz von Gasen (z. B. Luft) und Festkörpern liegt bei ca. 1:10.000. Daher ist die Übertragung von luftgeleitetem Schall in Körperschall sehr schwierig, so dass Dämpfungen von über 150 dB auftreten.

Was ist Infraschall?

Infraschall ist, wie auch normaler Schall, eine periodische Luftdruckschwankung, wobei der Frequenzbereich von Infraschall unterhalb des normalen menschlichen Hörbereichs (zwischen 16 Hz und 20 kHz) liegt.

Die Definition von Infraschall ist nicht völlig eindeutig. Im Allgemeinen wird der Bereich unterhalb von 160 Hz als niederfrequenter Schall bezeichnet und als Infraschall der Bereich unterhalb von 16 Hz.

Wirkung von (Infra-)Schall:

Je schmalbandiger und spezieller (z.B. moduliert oder impulshaltig) ein Schallereignis ist, desto störender wirkt er sich auf das menschliche Wohlbefinden aus, im Gegensatz zu gleichmäßigem, breitbandigem Rauschen, welches z. B. durch aerodynamische Geräusche von Windenergieanlagen erzeugt wird.

Ist ein Mensch z. B. ständigem Klopfen ausgesetzt, wird er verständlicherweise schnell verärgert darüber. Natürlich spielt bei der Lästigkeit die Frequenz (Tonhöhe) eine bedeutende Rolle. Die vorangegangene Beschreibung bezieht sich auf die bewusste Wahrnehmung eines Geräusches. Die Empfindlichkeit für die Wahrnehmbarkeit und die Unterscheidungsfähigkeit des Schalls nimmt mit sinkender Frequenz stark ab, so dass Infraschall nicht mehr wie normaler Schall wahrgenommen werden kann.

Bei Schall mit Frequenzen unterhalb von ca. 16 Hz ist ein Mensch nicht mehr in der Lage, die Richtung der Schallquelle auszumachen. Unhörbar ist dieser Schall jedoch nur dann, wenn der Schallpegel unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt. Ein direkter Vergleich der Schalldrücke ohne Berücksichtigung der Hörschwelle, die die akustische Wahrnehmungsschwelle beschreibt, ist daher nahezu sinnlos.

Die Hörschwelle

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Die Hörschwelle wird durch den geringsten Schalldruck definiert, der notwendig ist, um einen Ton gerade eben wahrnehmen zu können. Messungen an diversen Versuchspersonen wurden zu verschiedenen Hörschwellenangaben zusammengefasst, die aufgrund der unterschiedlichen Testpersonen sich leider nicht vollständig decken.

Ein Beispiel für die Hörschwelle bei tieffrequentem Schall zeigt das Bild links. Der Tabelle ist z. B. zu entnehmen, dass bei einer Frequenz von 20 Hz mindestens ein Schalldruckpegel von 71 dB vorhanden sein muss, damit ein Schall mit dieser Frequenz überhaupt wahrgenommen werden kann.

Die A-Bewertung

Der Schall wird meist in db(A) angegeben. Diese Bezeichnung wird auch A-Bewertung genannt. Um einen z. B. mit einem Mikrofon gemessenen Schalldruckpegel besser mit dem Höreindruck eines Menschen vergleichen zu können, wurden verschiedene Bewertungen entwickelt, von denen die sogenannte A-Bewertung die am häufigsten verwendete ist. Sie versucht, die unterschiedliche Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs bei verschiedenen Frequenzen auszugleichen, so dass eine Pegelangabe auch unterschiedlicher Frequenzen immer dem gleichen Lautstärkeeindruck zugeordnet wird. Die A-Bewertung ist allerdings für Frequenzen unterhalb von 20 Hz nicht definiert, so dass sie für die Bewertung von Infraschall nicht verwendbar ist. Daher sind auch Richtwertangaben, wie z. B. dass in Wohn- und Mischgebieten 45 dB(A) nachts erlaubt sind, für den Infraschallbereich nicht anwendbar – obwohl dieses oft und gerne bei der Diskussionen über die Schädlichkeit von Infraschall als Argument verwendet wird.

Wodurch wird Infraschall erzeugt?

Wir Menschen sind dem Infraschall in diversen, alltäglichen Lebenssituationen ausgesetzt. In erster Linie wird Infraschall von Wind erzeugt, der an großen Gegenständen (Bäume, Häuserecken, Brücken, Schornsteine) vorbei streicht. Typische dabei auftretende Schalldruckpegel zeigt Abbildung 1 im nächsten Absatz.

Gruppiert man Infraschallquellen nach ihrer Stärke, so gehören Windenergieanlagen eher zur schwachen Gruppe. Als Ursache für den von Windenergieanlagen verursachten Infraschall ist zwischen aerodynamischen und mechanischen Quellen zu unterscheiden.

Aerodynamisch erzeugter Infraschall:

Wechselwirkungen der Blätter mit dem Turm, Schräganströmungen der Blätter und Turbulenzen können zu Infraschallemissionen führen.

Durch mechanische Komponenten erzeugter Infraschall:

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Der sogenannte Turmschatteneffekt erzeugt eine wechselnde Kraftbelastung auf Flügel und Turm, die diese zu Schwingungen anregen können. Im Vergleich zu den aerodynamischen Quellen ist diese Infraschallquelle jedoch vernachlässigbar.

Bildtext zu Abbildung 1: Infraschall einer unbelasteten Agrarlandschaft
Schalldruckpegel in Abhängigkeit zur Frequenz im Schallspektrum ausgehend von gewöhnlichem, landwirtschaftlich bewirtschaftetem Grasland.
Quelle: Hielke Freerk Boersma „Characterization of the natural ambient sound environment: Measurements in open agricultural grassland“ (JASA 1997)

Anhand Abbildung 1 lässt sich erkennen, dass Infraschall ein natürlicher Bestandteil des Schalls in industriell unbeeinflusstem Gelände ist. Er wird hierbei von überall in der Landschaft vorkommenden natürlichen Objekten erzeugt.

Der in solch einem Umfeld auftretende Infraschall wird so gut wie nie als Ursache für Krankheiten angesehen. Im Gegensatz dazu wird jedoch oft vorgebracht, dass von Windkraftanlagen ausgehender Infraschall Ursache für Krankheiten ist, obwohl die von Windkraftanlagen ausgehenden Infraschallemissionen teilweise deutlich unterhalb des natürlichen Infraschallpegels liegen.

Durch die Schwierigkeit, Infraschall wahrzunehmen und messtechnisch nachzuweisen, bieten Windenergieanlagen, die offenkundig nicht der Natur angehören, eine perfekte Angriffsfläche für Schuldzuweisungen dieser Art.

Studien zur Gesundheitsschädlichkeit von Infraschall

Oftmals werden Forschungsprojekte durchgeführt, die in ihrem Versuchsdesign gewisse Kriterien nicht berücksichtigen. So werden z. B. Versuchspersonen in den Versuchsablauf genau eingeweiht, wodurch sie keine unvoreingenommenen Antworten mehr gegeben können, oder auch auf die Auswahl einer ausreichend großen Stichprobe wird nicht geachtet.

Bevor einer Studie Vertrauen geschenkt wird, sollte genau darauf geachtet werden, ob die Untersuchungsvoraussetzungen Sinn machen und so zu einer verlässlichen Aussage führen bzw. ihr eine allgemeingültige Wertigkeit beigemessen werden kann.

Teils werden auch gezielt falsche Schlüsse zur Bestärkung der negativen Einstellung gegenüber Windenergieanlagen aus Studienergebnissen von Wissenschaftler, die vermeintlich etwas von der Thematik verstehen, gezogen und dem Laien glaubhaft vermittelt. So wird z. B. immer wieder die Abhandlung „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ von Prof. Dr. Erwin Quambusch (Herr Quambusch ist ein Jurist aus Bielefeld) und Martin Lauffer vom 29. Januar 2008 als Beispielstudie herangezogen. In dieser Abhandlung werden aber viele Quellen verzerrt oder falsch wiedergegeben. So bezieht sich die Abhandlung beispielsweise u .a. auf die Studie „Auswirkungen einer sublimen Beschallung mit einer Frequenz 4 Hz, 8 Hz und 31,5 Hz“ von Weiler aus dem Jahr 2005, deren Schlussfolgerungen aufgrund unzulänglichen Versuchsdesigns und viel zu kleiner Stichprobenmenge (es wurde nur eine Person untersucht, die immer informiert wurde, wenn sie wieder einer Infraschallemission ausgesetzt wurde) unzulässig sind.

Die vorliegenden Infraschallmessungen an Multi-Megawatt-Windenergieanlagen, zeigen, dass „die Infraschallpegel von WEA die Wahrnehmungsschwelle um mehr als 20 dB(A) unterschreiten“. Die meisten der Infraschallquellen hatten dabei einen Wert kleiner 80 dB. Die Wahrnehmungsschwelle im Infraschallbereich beginnt bei ca. 80 dB (bei 16 Hz) und steigt mit sinkender Frequenz stark an. So liegt sie bei 8 Hz schon jenseits der 100 dB.

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Das Bild auf der Abbildung 2 zeigt einen Messberichtsauszug
Quelle: Vortrag von O. Bunk, Kötter Consulting Engineers bei den Rheiner Windenergietagen 2009

Abbildung 2 zeigt ein Messergebnis einer typischen Multi-Megawatt-Windenergieanlage. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Hintergrundgeräusche einen maßgeblichen Beitrag zu den Gesamtgeräuschen leisten und mit Einbeziehung der WEA kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Schallbelastung entsteht. Die Hörschwelle liegt weit oberhalb der gemessenen Pegel.

Aufgrund dieser Erkenntnisse ist Skepsis geboten, wenn es in der näheren Umgebung von Windenergieanlagen hinsichtlich Infraschalleinflüsse zu Beschwerden kommt. Bislang gab es keinen nachweislichen Effekt hinsichtlich negativer Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund von Infraschall, der von WEA ausgeht.

Hintergründe und verwendetes Material:

Verwendete Studien:
von Geoff Leventhall:

1. „How the “mythology“ of infrasound related to WEC might have developed“ (Wind Turbine Noise Oktober 2005)

2. „Infrasound from Wind Turbines – Fact, Fiction or Deception“ (Canadian Acoustics 2006, Volume 34, No. 2)

In response to concerns that wind turbines emit infrasound and cause associated health problems, Dr Geoff Leventhall, Consultant in Noise Vibration and Acoustics and author of the Defra Report on Low Frequency Noise and its Effects, says:
“I can state quite categorically that there is no significant infrasound from current designs of wind turbines.”

The problem noise from wind turbines is the fluctuating swish. This may be mistakenly referred to as infrasound by those with a limited knowledge of acoustics, but it is entirely in the normal audio range and is typically 500Hz to 1000Hz. It is difficult to have a useful discourse with objectors whilst they continue to use acoustical terms incorrectly. This is unfortunate, as there are wind turbine installations which may have noise problems.

von Delta Acoustics (Dänemark):

1. „Low frequency noise from large wind turbines“ (EFP-06 project, 30 April 2008)
von Kötter Consulting Engineers (Dipl Ing. Oliver Bunk, Fachbereichsleiter für Windenergieanlagen):

1. Infraschallmessungen an Windenergieanlagen (Beitrag zum Rheiner Windenergie-Forum 2009)

Definitionen:

Definition Infraschall nach TA Lärm und DIN 45680:

a) TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm)

Die TA Lärm prüft in Kapitel 7.3 lediglich das „Vorhandensein“ von Infraschall. Näheres regelt die DIN 45680. Als Infraschall wird Schall bezeichnet, deren vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hz liegen und bei denen bei geschlossenen Fenstern die ermittelte Differenz LCeq – LAeq den Wert von 20 dB übersteigt. Es wird die Frage nach schädlichen Umwelteinwirkungen gestellt und das im Einzelfall nach örtlichen Verhältnissen zu prüfen ist. Ist Infraschall detektiert worden, folgt eine Prüfung von Minderungsmaßnahmen.

b) DIN 45680 (Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft)

Die DIN 45890 überprüft wie die TA-Lärm die Differenz aus LCeq – LAeq. Ist diese größer 20 dB wird eine detaillierte frequenzabhängige Bewertung vorgenommen. Es werden die Terzpegel mit der Hörschwelle verglichen und bei Überschreitung derselben aufsummiert. Deutlich hervortretende Einzeltöne werden gesondert geprüft. Die Ergebnisse werden mit den jeweiligen Anhaltswerten verglichen, wobei die Anhaltswerte empfohlene Werte darstellen und keine Grenzwert sind.

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