Die Denkmalschutzgesetz-Novelle

Was sind die neuen Anforderungen beim Bau von Windkraftanlagen?

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Die Geschichte der staatlichen Denkmalpflege in Österreich reicht bis zur Gründung der „Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale“ im Jahr 1850 zurück. Seit der Einführung des Denkmalschutzgesetzes im Jahr 1923 wurde es mehrfach novelliert, zuletzt im Jahr 1999. Die aktuelle Novelle zielt darauf ab, den überladenen Text zu vereinfachen, die Instrumente des Bundesdenkmalamtes zu stärken und internationalen Standards gerecht zu werden, indem sie Aspekte wie den Schutz von UNESCO-Welterbestätten und die Anpassung an relevante internationale Konventionen berücksichtigt.

Eine grundlegende Neuerung im Denkmalschutzgesetz ist die Aufnahme einer "besonderen Erhaltungspflicht". Diese soll verhindern, dass EigentümerInnen von Baudenkmalen diese über lange Zeiträume verfallen lassen, um einen Abriss durchsetzen zu können. Außerdem soll die Unterschutzstellungen von Ensembles erleichtert werden.

Für die Windkraftbranche könnte der neu gestaltete § 8 zu mehr Verwaltungsaufwand führen. Gemäß dessen Abs 1 ist der Fund von Gegenständen, die unter der Oberfläche verborgen waren und von kultureller Bedeutung sind (archäologische Denkmale), unverzüglich dem Bundesdenkmalamt (oder anderen in Abs 2 genannten Stellen) zu melden. Die Meldepflicht setzt voraus, dass der Fund als archäologisches Denkmal der/dem FinderIn erkennbar ist. Die Meldepflicht setzt also nicht voraus, dass die/der FinderIn tatsächlich erkennt, dass es sich um ein archäologisches Denkmal handelt; die Erläuterungen sprechen unter anderem von als Schmuckstücken erkennbaren Metallobjekten.
Die Meldung ist von der/dem FinderIn zu erstatten. Wenn der Fund von einer Hilfskraft gemacht wurde, ist die Anzeige von der/dem Vorgesetzten oder der/dem AuftraggeberIn zu erstatten (Abs 3). Wer regelmäßig Arbeiten unter der Erd- oder Wasseroberfläche durchführt und sich dabei Hilfskräften bedient, hat diese nachweislich anzuleiten, archäologische Funde sofort der/dem Vorgesetzten zu melden (Abs 4). Diese Anleitung und die Nachweispflicht bedeuten einen Aufwand, der bisher in dieser Form nicht bestanden hat.
Kommt man diesen Pflichten nicht nach, droht gemäß § 37 Abs 4 Z 1 eine Verwaltungsstrafe von bis zu 5000 Euro, denn die „vorsätzliche Unterlassung oder unrichtige Erstattung von Fundmeldungen“ erfasst wohl auch den Fall, dass man es als Bauunternehmer unterlässt, seine Hilfskräfte nachweislich anzuleiten, Funde zu melden. Vorsatz setzt weder Wissentlichkeit noch Absichtlichkeit voraus, daher macht man sich auch strafbar, wenn man bei den Bauarbeiten beispielsweise auf einen Mauerzug stößt, erkennt, dass dieser ein archäologisches Denkmal darstellen könnte, und dies in Kauf nimmt, ohne den Fund zu melden.

§ 9 Abs 1 besagt, dass die Erhaltung der Fundstelle und der Fundgegenstände ab der Auffindung bis zum Ablauf des fünften Werktages nach Einlangen der Fundmeldung im Bundesdenkmalamt im öffentlichen Interesse liegt. Die Fundstelle ist daher unverändert zu belassen. (Fundgegenstände, die an der Fundstelle abhandenkommen könnten, sind jedoch von der/dem FinderIn gesichert zu verwahren.) Erklärt das Bundesdenkmalamt innerhalb dieser fünf Werktage, dass die kulturelle Bedeutung der archäologischen Funde zumindest wahrscheinlich ist, liegt die Erhaltung für weitere acht Wochen im öffentlichen Interesse (§ 9 Abs 2). Das bedeutet, dass die Fundstelle in diesem Fall für weitere acht Wochen unverändert zu belassen ist. Insgesamt können sich daher die Bauarbeiten um bis zu zwei Monate verzögern! Man kann als Errichter einer Windkraftanlage nur hoffen, nicht auf kulturell bedeutende archäologische Funde zu stoßen. Wenn man auf potenzielle archäologische Denkmäler stößt, ist es besser man findet kleine, da diese gesichert zu verwahren sind und die Bauarbeiten fortgesetzt werden können. Stößt man aber beispielsweise auf eine jahrhundertealte Mauer kann es durchaus sein, dass die Bauarbeiten für zwei Monate gestoppt werden müssen. Hat das Bundesdenkmalamt bis dahin das öffentliche Interesse an der Erhaltung nicht durch einen Bescheid festgestellt, endet die gesetzlich angeordnete Rechtsfolge (Baustopp) ohne weiteren Akt.
Verändert man vorsätzlich den Zustand der Funde oder der Fundstelle, macht man sich ebenso nach § 37 Abs 4 strafbar, wie wenn man die Sicherung oder Bergung der Funde unterlässt oder vereitelt. Die Strafhöhe beläuft sich wie bei der vorsätzlichen Nichtmeldung von Funden auf bis zu 5000 Euro.

§ 10 Abs 4 sieht vor, dass archäologische Denkmale grundsätzlich ungestört im Boden zu belassen sind. Grabungen sind jedoch zu bewilligen, wenn das archäologische Denkmal wegen überwiegender anderer öffentlicher Interessen, etwa wegen Baumaßnahmen für Infrastrukturprojekte, nicht ungestört im Boden belassen werden kann (§ 10 Abs 4 Z 2). Das Vorhandensein eines archäologischen Denkmals schließt also den Bau einer Windkraftanlage nicht kategorisch aus.
 
Die Veränderung oder – im Ausnahmefall – die Zerstörung eines geschützten Denkmals ist nur zu bewilligen, wenn die für die Veränderung bzw. Zerstörung geltend gemachten Gründe das öffentliche Interesse an der unveränderten Erhaltung überwiegen. Im neu eingefügten § 5 Abs 2a werden Gründe angeführt, die im Rahmen dieser Abwägung insbesondere zu berücksichtigen sind. Spezifisch Rechnung getragen werden soll mit § 5 Abs 2a Z 5 bspw dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Erzeugung erneuerbarer Energien. Es soll dabei keinen Unterschied machen, ob die erneuerbare Energie zur Versorgung des denkmalgeschützten Objekts dient oder ob die Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden soll.
 
Insgesamt bringt die Novelle für unsere Branche also potenziell Negatives (Pflicht zur nachweislichen Anleitung von Hilfsarbeitern, lange Baustopps bei Funden) und Positives (öffentliches Interesse am Ausbau der Erzeugung erneuerbarer Energien).
 
Das neue Denkmalschutzgesetz wird mit 1. September 2024 in Kraft treten.