2. Stellungnahme der IG Windkraft zum Begutachtungsentwurf des Erneuerbaren-Ausbau-Pakets

Mit dem EAG – Begutachtungsentwurf wurde grundsätzlich eine gute und ambitionierte Grundlage für den raschen Ausbau erneuerbarer Energien vorgelegt, wobei im Rahmen der weiteren Gesetzwerdung noch einige Details zu schärfen sind.

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Das Erneuerbaren-Ausbau-Paket umfasst unter anderem ein umfangreiches Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) sowie Novellen zu ElWOG 2010, ÖSG 2012, E-ControlG, GWG 2011, Infrastrukturgesetz oder Starkstromwegegesetzes.

1. Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz EAG

  • Ziel des Gesetzes ist es, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen in einem solchen Ausmaß zu unterstützen, dass der Gesamtstromverbrauch ab dem Jahr 2030 zu 100% national bilanziell aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt wird. Zur Erreichung dieses Zielwertes für das Jahr 2030 ist ausgehend von der Produktion im Jahr 2020 die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen bis zum Jahr 2030 mengenwirksam um 27 TWh zu steigern. Davon sollen 11 TWh auf Photovoltaik, 10 TWh auf Wind, 5 TWh auf Wasserkraft und 1 TWh auf Biomasse entfallen.
  • Für die Windkraft ist ein jährliches Vergabevolumen von mindestens 400 Megawatt vorgesehen.
  • Die für Förderungen nach dem EAG und dem Ökostromgesetzes 2012 erforderlichen jährlichen finanziellen Mittel sollen im dreijährigen Mittel eine Milliarde Euro nicht übersteigen. Kommt es zu einer Überschreitung dieser Grenze, ist eine anteilige Kürzung der kommenden Förderkontingente vorgesehen. Wenn die Zielerreichung gefährdet ist, hat die Klimaschutzministerin den Hauptausschuss des Nationalrats zu befassen, der zu entscheiden hat, ob die Kürzungen vorgenommen werden oder davon abgesehen wird.
  • Als Standard-Fördermodell für die Betriebsförderung ist das Markprämienmodell vorgesehen, also eine Direktvermarktung des Ökostroms, bei welcher der Erzeuger seinen Ökostrom selbst vermarktet und zusätzlich eine Marktprämie pro Kilowattstunde als Förderung erhält. Die Förderhöhen werden bei Windkraft bis 2023 mittels Verordnung festgelegt. Bis Ende 2023 sind Zielerreichung und Fördermodelle zu evaluieren. Wenn dieser Evaluierungsbericht erwarten lässt, dass eine Ausschreibung effizientere Ergebnisse als die administrative Vergabe der Förderung erwarten lässt, sind die Fördermittel ab 2024 durch Ausschreibungen zu vergeben.
  • Die Förderhöhe für Wasserkraft, Biogas und kleine Biomasseanlagen wird mittels Verordnung festgelegt, für Photovoltaik und größere Biomasseanlagen erfolgt die Ermittlung der Förderhöhe mittels Ausschreibungen.
  • Vorgesehen sind gleitende Marktprämien, die sich als Differenz aus einem anzulegenden Wert (welcher verordnet oder durch Ausschreibung bestimmt wird) und - bei Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft - dem Referenzmarktwert der jeweiligen Technologie definieren. Der Referenzmarktwert bildet den tatsächlichen Marktwert der verschiedenen Technologien auf dem Strommarkt ab und wird quartalsweise ermittelt.
  • Für Windkraft besteht eine Verordnungsermächtigung, welche es der zuständigen Ministerin ermöglicht, eine Differenzierung der Förderung nach Standorten festzulegen. Es kann ein Korrekturfaktor als Auf- oder Abschlag in Höhe von bis zu 20 % angewendet werden.
  • Die Laufzeit für die Gewährung der Marktprämien beträgt 20 Jahre.
  • Aufbringung der Fördermittel: Übernahme und Anpassung des bisher im ÖSG 2012 geregelten Aufbringungsmechanismus unter Weiterführung des Ökostromförderbeitrags und der Ökostrompauschale als Erneuerbaren-Förderbeitrag und Erneuerbaren-Förderpauschale.
  • Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften: Ermöglichung der gemeinsamen Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen; im Strombereich unter Wahrung des Nähekriteriums (Erfordernis der Verbindung von Verbrauchsanlagen und Erzeugungsanlagen über ein Mittel- oder Niederspannungs-Verteilernetz).
  • Monitoring: Erweiterung des bisherigen Ökostromberichts zum EAG-Monitoringbericht und Evaluierung des Fördersystems, Pflicht der EAG-Förderabwicklungsstelle zur kontinuierlichen Berichterstattung an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
  • Ein Integrierter österreichischer Netzinfrastrukturplan ist zu erstellen.
  • Weiters vorgesehen sind:

    - Nachfolgeprämien für bestehende Anlagen auf Basis von Biomasse und Biogas
    - Wechselmöglichkeit für Anlagen mit einem aufrechten Fördervertrag nach dem ÖSG 2012
    - Investitionszuschüsse für die Errichtung, Revitalisierung und Erweiterung von
      Photovoltaikanlagen,  Wasserkraftanlagen, kleinen Windkraftanlagen und Stromspeichern
    - Einrichtung einer konzessionierten EAG-Förderabwicklungsstelle
    - Ökologische Kriterien für die Förderung von Wasserkraftanlagen

2. Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012)

  • Weitergeltung und Anpassung der notwendigen Bestimmungen zur Abwicklung der bestehenden Förderverträge
  • Angleichung der Berechnung des Marktpreises für zugewiesene Strommengen an das EAG
  • Aufhebung der Größenbeschränkung für Photovoltaikanlagen im Fall von Erweiterungen

3. Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010)

  • Bestimmungen zur Ermöglichung von Bürgerenergiegemeinschaften: Ermöglichung der gemeinsamen Nutzung elektrischer Energie über das gesamte Marktgebiet und über Konzessionsgebiete verschiedener Netzbetreiber; die Regelungen zur Vermessung und Verrechnung orientiert an der Systematik des § 16a ElWOG 2010
  • Vereinfachter Netzzutritt für Anlagen auf Basis von erneuerbaren Energieträgern: Einführung eines Anzeigeverfahrens für den Netzzutritt kleiner Erzeugungsanlagen sowie von Demonstrationsprojekten bis 20 kW
  • Abbau von bürokratischen und finanziellen Hürden für Photovoltaikanlagen, die an einem bestehenden Verbrauchsanschluss an das Netz angeschlossen werden
  • Einführung einer neuen Transparenzbestimmung, die Netzbetreiber dazu verpflichtet, verfügbare und gebuchte Kapazitäten je Umspannwerk und Transformatorstation zu veröffentlichen und laufend zu aktualisieren
  • tarifliche Erleichterungen für den Netzanschluss von Photovoltaikanlagen bis zu 100 kW
  • Festlegung von Rahmenbedingungen für eine Netzreserve: Sicherstellung einer ausreichend großen Leistungsreserve für das Engpassmanagement. Es gibt eine Verpflichtung des Regelzonenführers, den Bedarf an vorzuhaltender Leistung mittels einer Systemanalyse zu ermitteln und in einem wettbewerblichen Verfahren die nötigen Ressourcen zu kontrahieren. Zur Stilllegung vorgesehene Erzeugungsanlagen werden für die Netzreserve weiterhin verfügbar gehalten. Die Teilnahme an der Netzreserve steht inländischen und anderen europäischen Erzeugungsanlagen sowie auch Aggregatoren und Entnehmern, die ihre Verbrauchsanlagen temporär reduzieren oder verlagern können, offen. Es herrscht ein striktes Marktverbot während der Kontrahierung zur Hintanhaltung von Marktverzerrungen. Weiters kommt ein bescheidmäßiges Stilllegungsverbot durch die Regulierungsbehörde für systemrelevante Kraftwerke.
  • Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Erlassung eines anteiligen begünstigten Netztarifs („Ortstarif“) für die Mitbenützung des öffentlichen Netzes innerhalb von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften.
  • Schaffung regulatorische Freiräume („Sandboxes“) zu Zwecken der Erprobung innovativer Ideen, die die Energiewende vorantreiben (gesetzliche Experimentierklausel). Hier gibt es die Ermächtigung der Regulierungsbehörde, bescheidmäßig Ausnahmen von den Bestimmungen betreffend Systemnutzungsentgelte zu gewähren. Forschungs- und Demonstrationsprojekte, die gesetzlich verankerte Ziele verfolgen und in einem vorgelagerten Auswahlverfahren im Sinne dieser Ziele als förderwürdig eingestuft wurden, können einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahme stellen.
  • Ermöglichung des Eigentums von Netzbetreibern an Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas sowie der Errichtung, Verwaltung und des Betriebs solcher Anlagen durch Netzbetreiber.

4. Stellungnahme der IG Windkraft

  • Aus Sicht der Windkraft ist es essentiell, dass nicht nur wie geplant bis 2024 auf Ausschreibungen verzichtet wird, sondern auch darüber hinaus. Ausschreibungen bei der Windkraft haben in vielen Ländern in Europa zu groben Verwerfungen des Windkraftausbaus geführt. Um das ambitionierte Ziel, die Stromversorgung 2030 zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken, erreichen zu können, sollte auf Ausschreibungen bei der Windkraft gänzlich verzichtet werden.
  • Weiters kommt der Ausgestaltung der Standortdifferenzierung entscheidende Bedeutung zu. Die Ausgestaltung des standortdifferenzierten Modells sollte sich am deutschen Referenzertragsmodell orientieren.
  • Zur Erreichung des Ziels, den Gesamtstromverbrauch 2030 zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen zu decken und die jährliche Stromerzeugung aus Windkraft bis 2030 um 10 TWh zu steigern, muss das jährlich vorgesehene Vergabevolumen für Windkraft 500 MW anstelle von 400 MW betragen. Dies ist insofern nötig, als in den nächsten zehn Jahren rund 1000 MW Leistung an alten Windkraftanlagen (mit rund 2 TWh Erzeugungskapazität) ersetzt werden müssen.
  • Entscheidend ist, dass die tatsächliche Erreichung der Energieziele im Vordergrund steht und die dafür erforderlichen Mittel bereitgestellt werden und nicht irgendeine Form einer verpflichtenden Begrenzung der Unterstützungsvolumina die Ziele unterminieren kann. Außerdem müssen bei Abweichung vom Zielpfad rasch Maßnahmen ergriffen werden können, um die Zielerreichung zu gewährleisten.
  • Ausgestaltung des Marktprämiensystems: Die Berechnung des Referenzmarktwerts sollte für denselben Zeitraum durchgeführt werden, für den die Marktprämie ausbezahlt wird. Aus administrativen Gründen (Clearing-Perioden, Liquidität) ist eine monatliche Abrechnung und Auszahlung für Windkraft, PV und Wasserkraft zu bevorzugen. Weiters sollte man bei der Berechnung des Referenzmarktwerts auch auf den Intraday-Börsepreis abstellen, weil dieser Marktplatz einen entscheidenden Einfluss auf den tatsächlichen Marktwert der Energie hat. Die Details der Abrechnung, Ausbezahlung der Marktprämien, sowie der dafür erforderlichen Datenlieferungen müssen gut durchdacht und klar geregelt werden. Der Datenfluss ist klar zu regeln, ein Abgleich von Daten zwischen EAG-Abwicklungsstelle und Stromhändlern erforderlich.
  • Bisher besteht in § 6 ÖSG ein unbedingtes Recht auf Netzanschluss für Ökostromanlagen. Der Netzanschluss erneuerbarer Energieanlagen wird entscheidend sein für den erfolgreichen Ausbau. Dieser unbedingte Anspruch auf Netzanschluss muss daher weiter bestehen bleiben oder eine zumindest gleich gute Anspruchsgrundlage geschaffen werden. Eine faire Regelung der Tragung der maximalen Kosten für den Netzzugang ist für alle Einspeiser durch ein anschlussbezogenes Pauschalentgelt vorzugsweise in Euro pro Kilowatt Leistung (technologieneutral) festzulegen. Anreize bzw. Verpflichtungen der Netzbetreiber zu einem bedarfsgerechten Ausbau der Netze in Ansehung der Energieziele sind bedeutsam.

Möglicher Zeitplan für das EAG

  • Beschluss einer Regierungsvorlage im Ministerrat
  • Zuweisung an Wirtschaftsausschuss des Nationalrats in einer der folgenden Plenartagungen des Nationalrats (zB 24./25. März, 21./22. April, 19./20. Mai, 16./17. Juni)
  • Behandlung im Wirtschaftsausschuss
  • Behandlung in einer der folgenden Plenartagungen des Nationalrats
    (zB 24./25. März, 21./22. April, 19./20. Mai, 16./17. Juni, 7.-9. Juli)

offizieller Link zum Begutachtungsentwurf

Begutachtungsentwurf

Weiterführende Links

IG Windkraft begrüßt EAG als gute Grundlage

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