Extremwetter in Österreich

Marcus Wadsak, Leiter der ORF-Wetter-Redaktion, über die Auswirkungen des Klimawandels.

Ist der Klimawandel schon in Österreich angekommen?

Marcus Wadsak: Das ist eindeutig der Fall, das Jahr 2018 hat das einmal mehr bewiesen. Seit 250 Jahren haben wir detaillierte Aufzeichnungen über den Temperaturverlauf, und 2018 war das wärmste Jahr seit Messbeginn. Seit 2000 gab es kein unterdurchschnittliches Jahr mehr, Jahr für Jahr erleben wir deutlich wärmere Jahre im Vergleich zum langjährigen Mittelwert.

Können Sie Details nennen?

Wir erleben vor allem einen Anstieg der Temperatur und eine Zunahme der Hitzetage mit 30 °C und mehr. Auch die Sommertage mit über 25 °C nehmen zu, und die Sommer dauern länger. Das Sommerhalbjahr 2018 lag sogar um 3,6 °C über dem Durchschnitt, 2018 insgesamt lag 1,8 °C über dem Schnitt.

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Kann das Jahr 2018 nicht einfach nur ein Ausreißer sein?

Dass 2018 das wärmste Jahr in Österreich seit Messbeginn war, ist phänomenal und gewaltig, aber ein einzelnes Jahr ist natürlich kein Beweis für den Klimawandel. Der Beweis ist allerdings der Trend, und der geht seit dem Jahr 2000 eindeutig und steil nach oben.

Welche Parameter beobachten Sie noch zusätzlich?

2018 war auch bemerkenswert, was die Sommertage, also Tage mit 25 °C und mehr anlangt. 127 waren es in Andau im Burgenland. Normalerweise wird ein Rekord immer nur knapp übertroffen, in Andau waren es sieben Tage mehr als der bisherige Höchstwert – eine Woche ist in diesem Zusammenhang gewaltig viel. Mit 102 Sommertagen hat sich in Linz der bisherige Rekord von 56 Tagen sogar fast verdoppelt. Wir registrieren also eine Häufung von Sommertagen, von Hitzetagen mit 30 °C und mehr und immer länger dauernde Sommer.

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Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1768 wurden 9 der weltweit 10 wärmsten Jahre seit 2005 registriert, die 5 letzten waren die absolut wärmsten.

Kommt diese Entwicklung für Sie überraschend?

Schon vor 30 Jahren haben die Klimatologen zwei Dinge vorhergesagt: ein Ansteigen der Temperatur und eine Häufung der Extremereignisse. Beides sehen wir jetzt in Österreich und auch weltweit ganz deutlich. Die Temperatur nimmt enorm zu und die Extremereignisse häufen sich: Dürreperioden wie letztes Jahr in Ober- und Niederösterreich, schwere Gewitter, Starkregen- und Sturmereignisse, oder wie heuer der massive Wintereinbruch mit diesen gigantischen Schneemengen.

Ist der jetzige Klimawandel ein besonderes Phänomen im Vergleich mit früheren Ereignissen?

Definitiv. Klimawandel hat es seit der Entstehung der Erde immer gegeben. Der entscheidende Unterschied zu früheren Klimaverschiebungen wie etwa Eiszeiten ist die enorme Geschwindigkeit. Früher waren das kontinuierliche langsame Prozesse, während denen sich die Natur anpassen konnte. Durch unsere industrielle Lebensweise haben wir die Erwärmung jetzt aber so beschleunigt, dass Anpassung schwieriger bis unmöglich wird. Die jetzige, von uns Menschen verursachte Geschwindigkeit der Erwärmung kennen wir aus der Vergangenheit nicht.

Wird Ihrer Einschätzung nach schon genug dagegen getan?

Ich denke, da ist momentan gerade sehr viel im Gange. Und es ist auch klar, dass wir da nicht mehr viel Zeit haben. Getan wird so lange immer zu wenig, bis wir das Problem erledigt haben. Wir haben noch ein gutes Zeitfenster, um die 1,5 °C global einhalten zu können. Um das zu schaffen, müssen wir alle aber sofort aufstehen und losrennen und beginnen etwas zu tun. Und das sehe ich bis dato leider noch nicht.

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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie".