Kohleindustrie scheitert an neuen EU-Grenzwerten

Herber Rückschlag für die deutsche Kohleindustrie: Ihre Klage gegen neue EU-Grenzwerte für Quecksilber und Stickoxide wurde abgewiesen, bis spätestens 2021 muss die Branche nachrüsten. Für etliche Kohlemeiler könnte das ihr Ende bedeuten.

© pixabay / KitzD66
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Wie notwendig ist ein teuer erkaufter Kohlekompromiss, die mutmaßlichen Milliardenzahlungen an die deutsche Kohleindustrie für die Abschaltung ihrer Kraftwerke? Niemand kann diese Frage abschließend beantworten, denn niemand kann soweit in die Zukunft schauen. Dennoch erhalten Kritiker des Milliardenplans Kohleausstieg neue Nahrung. Denn die Betreiber alter Kohlekraftwerke müssen eine herbe Niederlage verdauen, die an der Wirtschaftlichkeit ihrer Meiler kratzt.

EU-Gericht weist Kohlelobby, Sachsen und Bundesregierung in die Schranken

Vor einem Jahr war die Kohleindustrie noch guter Dinge. Am 19. Februar 2018 schloss sich der Freistaat Sachsen einer Klage von Kohle-Dachverbänden und Kraftwerksbetreibern gegen neue EU-Grenzwerte für Staub-, Schwefel-, Stickstoffoxiden- und Quecksilber-Emissionen aus Kraftwerken an. Auch die Bundesregierung hatte im Juli 2017 den Entschluss in Brüssel abgelehnt, wurde aber überstimmt. Der Vorwurf der Kläger: Die von der EU-Kommission festgelegten Schadstoff-Grenzwerte würden „weit über den Stand der Technik hinaus“ gehen und seien zudem falsch errechnet worden. Eine starke Behauptung und wie sich jetzt herausstellt falsch.

Wie bekannt wurde, hatte das Gericht der Europäischen Union bereits am 13. Dezember 2018 beschlossen: „Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.“ Die Richter verwiesen darauf, dass die EU-Entscheidung nur eine Bandbreite vorgebe und keine starren Grenzwerte. Diese müssen die Mitgliedsstaaten selbst festlegen. Der Ermessungsspielraum sei ausreichend, auch müssten keine Techniken explizit vorgeschrieben werden. Das Gericht wies darüber hinaus darauf hin, dass national sogar deutlich strengere Vorgaben möglich seien.

Bundesregierung verweigert Umsetzung

Die EU-Vorgaben sind also wasserdicht, nun kommt es auf die Umsetzung durch die Bundesregierung an. Diese weigert sich bisher die Vorgaben aus Brüssel umzusetzen und verstößt so gegen Gesetze. Denn laut Bundes-Immissionsschutzgesetz hätte die neue Regelung bis August 2018 umgesetzt werden müssen. „Bislang liegen allerdings noch keine Vorschläge der Bundesregierung zur Umsetzung vor“, stellte die Kohlekommission in ihrem Bericht Ende Januar fest.

Spätestens ab August 2021 müssen die neuen Grenzwerte in Kraft treten, so will es die EU-Kommission. Schließlich müssen die zuständigen Landesbehörden Anordnungen für bestehende Kohlekraftwerke verschicken.

Derzeit halten nur vier Braunkohleblöcke die neuen Grenzwerte ein

Für die Betreiber von Braunkohle-, Steinkohle und Gaskraftwerke könnten die neuen Grenzwerte heikel werden. Die Kohlekommission geht in Deutschland von etwa 600 betroffenen Kraftwerken aus. Besonders brisant: Nach Einschätzung des Umweltbundesamts halten derzeit nur vier Braunkohleblöcke die Stickoxid-Obergrenze der neuen Bandbreite von maximal 175 mg/m3 ein. Wie es mit anderen Schadstoffen aussieht, ist ungewiss.

Selbst das absolute Mindestmaß ist also schon zu viel für die meisten Braunkohlekraftwerke. Zwar seien Steinkohlekraftwerke üblicherweise mit einem Katalysator ausgerüstet, diese müssten aber teilweise nachgerüstet werden, schreibt die Kohlekommission. Das könne „die Wirtschaftlichkeit negativ beeinflussen“. Auch Gaskraftwerke sind betroffen. Die Kommission schreibt dazu: „In vielen Fällen wird deswegen eine Beschränkung der jährlichen Betriebsstunden, eine Stilllegung oder ein Ersatzbau erfolgen müssen.“

Für die Kohleindustrie bedeutet das nichts Gutes. Wie teuer die Nachrüstungen sind und ob sich diese lohnen, ist bislang kaum abzuschätzen. Auf Nachfrage mehrerer Medien wollte sich die Kohlelobby zu diesem Thema nicht äußern. cw

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Quelle: www.energiezukunft.eu