Der Nationale Energie- und Klimaplan lässt viele Fragen offen

Bis 31. Dezember muss die österreichische Bundesregierung – wie alle anderen EU-Mitgliedstaaten auch – ihren Entwurf für einen Nationalen Energie- und Klimaplan an die EU-Kommission übermitteln.

Im Wesentlichen geht es um einen detaillierten Plan, wie Österreich seinen Beitrag zu den europäischen Zielen bis 2030 leisten kann, was den Ausbau der erneuerbaren Energien, Effizienz und CO2-Einsparung betrifft. Bis Ende Juni 2019 wird die EU-Kommission Empfehlungen zu dem Entwurf aussprechen. Diese sind insoweit verbindlich, als Mitgliedstaaten davon nur abweichen können, wenn sie dies ausreichend begründen können. Bis 31. Dezember 2019 muss dann der finale Plan fertig ausgearbeitet sein.

Konkrete Inhalte fehlen

© EEÖ
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In diesem Entwurf erwartet die EU-Kommission klare Zielvorgaben und Angaben zu bestehenden und geplanten Maßnahmen. Formal gibt es von der EU eine klar strukturierte Dokumentenvorlage, die mit Inhalten gefüllt werden soll. Zu diesem Zweck hat Ministerin Köstinger das Umweltbundesamt beauftragt, ein aktualisiertes Szenario „mit bestehenden Maßnahmen“ zu erstellen. Ein Jahr nach Vorlage der #mission 2030 sieht sich das Ministerium nicht in der Lage, in dem ausgesendeten Konsultationsentwurf die geforderten Zielpfade für die „geplanten Maßnahmen“ zu nennen. In großen Teilen weist der Entwurf des Ministeriums inhaltliche Leerstellen auf. Detaillierte Angaben zu Mengen, Technologien, Ausbaupfaden und erforderlichen Maßnahmen fehlen. Zumindest die wenigen Ziele der #mission2030 wurden in den Klimaplan übernommen und auch der angenommene Stromverbrauchszuwachs liegt in der Größenordnung von 30 TWh.

Allerdings ist dem Ministerium bewusst, dass weitere Untätigkeit die Republik Österreich teuer zu stehen kommen wird. Es besteht nämlich die Gefahr einer massiven Zielverfehlung, falls die notwendige Reduktion der CO2-Emissionen nicht erreicht wird. Bis 2030 droht ein Gesamtüberschuss von 87 Millionen Tonnen CO2, der Kosten von bis zu 8,7 Milliarden Euro verursachen könnte.

Weit weg von Pariser Zielen

Nachdrücklich betont werden muss, dass die in der Klima- und Energiestrategie angeführten Ziele weit von jenen Anstrengungen entfernt sind, die für die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens, dem sich Österreich bekanntlich verpflichtet hat, unternommen werden müssen. Diese zu geringen Ziele nun einfach in den Planentwurf zu übernehmen, grenzt schon an Fahrlässigkeit. In mehreren Studien aus jüngster Vergangenheit wurden etwa für den Strom- und den Wärmesektor klare Potentiale und Zielpfade dokumentiert, die Paris-kompatibel sind. Deswegen hat der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) eine eigene Version für den Nationalen Energie- und Klimaplan vorgelegt, der alle diese zur Verfügung stehenden Daten einbezieht und ein wesentlich ambitionierteres Gesamtpaket bietet als der ministerielle Entwurf.

EEÖ-Plan als Messlatte

© EEÖ
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So hält etwa die Regierung an ihrem Ziel fest, bis 2030 einen Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch von 45-50% anzupeilen. Das EEÖ-Szenario hingegen zeigt, dass deutlich mehr als 60% möglich sind, wie sie für das Pariser Klimaziel auch benötigt werden. Dieses Gesamtziel wird im EEÖ-Plan bereits in technologiespezifische Zielpfade aufgeschlüsselt, ein Zahlengerüst, das dem ministeriellen Entwurf völlig fehlt. 2030 ist natürlich ein wichtiges Etappenziel, jedoch muss der Ausbaupfad bis 2050 mit dem Fokus der möglichst raschen Dekarbonisierung gesehen werden.

EEÖ-Geschäftsführer Florian Maringer konstatiert daher: „Unser eigener Nationaler Energie- und Klimaplan, den wir gemeinsam mit den Erneuerbaren-Verbänden ausgearbeitet haben,
ist deutlich konkreter als der Plan der Regierung. Vor allem nennen wir konkrete Ziele und Zielpfade, die es für eine ernst gemeinte Strategie unbedingt braucht. Unser Plan wird bis auf weiteres die Messlatte sein, an der der Plan der Regierung und deren Haltung in der Energie- und Klimapolitik gemessen werden wird.“

Nur noch eine Richtung

Maringer illustriert dies an einem zentralen Thema: „Die Regierung nennt das Ziel, den Gesamtstromverbrauch bis spätestens 2030 zu 100% – national bilanziell – aus erneuerbaren Energiequellen im Inland zu decken. Gleichzeitig verwässert sie dieses Ziel, indem sie die Eigenstromerzeugung der Industrie aus fossilen Energieträgern sowie die Regel- und Ausgleichsenergie nicht einbeziehen will. Es ist aber ganz klar, dass der Stromverbrauch steigen wird. Mit einem intelligenten Plan, der nicht abrupt endet, sondern den Fokus der Dekarbonisierung ernst nimmt, kann man beispielsweise auch die Industrie oder etwa den Verkehr stärker und leichter dekarbonisieren. Es gibt ohnehin nur noch eine Richtung.“

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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie".