Trump kann die Energiewende bremsen, aber nicht stoppen

Freiheit für die Erneuerbaren

© gary718 / 123RF | gofossilfree.org
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Donald Trump ist kein Freund von Windrädern, nein, er hasst sie. Bereits 2012 twitterte er, dass Windturbinen „ein ökologisches und ästhetisches Desaster“ seien. Als er verhindern wollte, dass in der Nähe eines Luxus-Golfplatzes, den er in der schottischen Aberdeen Bay besitzt, ein Offshore-Windpark gebaut wird, unterlag er im Rechtsstreit. Das hinterlässt natürlich Narben im Ego eines Egomanen. Erneuerbare Energien braucht es nach Trump überhaupt nicht, denn die Erderwärmung hält er ohnedies für nichts weiter als eine Erfindung Chinas, um der amerikanischen Industrie zu schaden.
Was ihn an Windkraftanlagen offenbar am meisten stört: „Wir stellen die Windturbinen nicht in den Vereinigten Staaten her. Sie werden in Deutschland und Japan gefertigt.“ Wenn es darum geht, die alten Feindbilder aus dem Zweiten Weltkrieg wieder heraufzubeschwören, kann Mr. President schon einmal China mit Japan verwechseln.

Kämpfer für die fossilen Energien

Die Vorliebe des politischen Quereinsteigers für fossile Energien wie Öl, Gas und Kohle wird an seinen Personalentscheidungen deutlich. Zentrale Positionen besetzte er mit Klimawandel-Leugnern aus der Republikanischen Partei und aus Lobbygruppen der Industrie. Den langjährigen ExxonMobil-Chef Rex Tillerson erkor er zum Außenminister, den ehemaligen Gouverneur von Texas und Ölindustriellen Rick Perry zum Energieminister. Und gar den Bock zum Gärtner machte Trump mit der Bestellung von Scott Pruitt zum Chef der Umweltbehörde EPA. Als Generalstaatsanwalt des Ölstaates Oklahoma war Pruitt einer der schärfsten Wortführer gegen Obamas „Clean Power Plan“, den er als „Krieg gegen Kohle“ bezeichnete. Mehrfach hatte er gegen Auflagen der Behörde geklagt, deren Einfluss er jetzt radikal zurückdrehen will.

Gegenwind für Trumps Retropolitik

Radikal ist auch Trumps Ansatz, die offensive Klimapolitik seines Vorgängers zu demontieren. Er genehmigte den Bau von zwei umstrittenen Ölpipelines (Keystone XL und Dakota Access), er will die von Obama verhängten Einschränkungen für Ölbohrungen in der Arktis und im Atlantik lockern und er ist eifrig am Werk, den Clean Power Plan zu demontieren, der die CO2-Emissionen der Kohlekraftwerke reduzieren sollte. Ob er auch die bis zu 30%-igen Steuervergünstigungen für Solar- und Windkraftanlagen aushebeln kann, die Senat und Repräsentantenhaus Ende 2015 noch rasch bis 2020 verlängert hatten, ist derzeit nicht absehbar. Die spektakulärste Maßnahme ist aber zweifellos die Aufkündigung der Teilnahme am Pariser Klimaabkommen seitens der USA zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also 2020.

All das mag für den Klimaschutz höchst unerfreulich sein, aber dieser sonderbare Präsident wird das Rad der Zeit nicht zurückdrehen können und irgendwann als lästige Episode abgehakt werden. Trump und seine Gesinnungsgenossen können die Energiewende einige Zeit bremsen, aber sie werden sie nicht stoppen. Die US-amerikanische Öl-, Gas- und Kohleindustrie mag sich zwar kurzzeitig die Hände reiben, der Rest der Wirtschaft ist aber fast einhellig entsetzt über Trumps Entscheidungen. Mehr als 600 Unternehmen hatten im Vorfeld des Ausstiegs aus dem Klimaabkommen Trump in einem offenen Brief aufgerufen, im Pariser Abkommen zu verbleiben. Namhafte Konzerne hatten einen Appell gleichen Inhalts unterzeichnet – darunter Apple, Microsoft, Google, Intel, Facebook, DuPont, Morgan Stanley, Unilever, General Electric, ja sogar Ölmultis wie ExxonMobil oder Chevron. Viele dieser Unternehmen haben sich selbst verpflichtet, ihren CO2-Ausstoß in den kommenden Jahren deutlich zu reduzieren. Tesla-Gründer Elon Musk hat sich aus Protest aus dem Beraterstab des Weißen Hauses zurückgezogen.

Auch viele Bundesstaaten und Kommunen lassen sich von Trumps Gepolter nicht beirren und gehen den bereits eingeschlagenen Weg weiter. Pionierstaaten wie Kalifornien, New York, Florida oder Oregon verfolgen konsequent ihre Klimaziele. Bis 2030 müssen dort die Energieversorger die Hälfte ihrer Energie mit erneuerbaren Energien erzeugen. Mittlerweile haben die drei Gouverneure von New York, Kalifornien und Washington eine US-Klima-Allianz ins Leben gerufen, der sich weitere Bundesstaaten und über 80 Großstädte quer durchs Land angeschlossen haben, die alle das Klimaabkommen von Paris weiter umsetzen wollen. Bill de Blasio, Bürgermeister von New York City, bringt es auf den Punkt: „Wir werden die Sache selbst in die Hand nehmen. Ich werde eine Verordnung unterzeichnen, die New York City verpflichtet, sich an das Pariser Abkommen zu halten.“

Gutes Jahr für die Windkraft

Ironischerweise könnte das erste Amtsjahr des Klimaschutz-Berserkers und Windrad-Feindes Trump eines der besten Jahre für die US-amerikanische Windenergie werden. Die von Jänner bis März errichteten 2.000 MW waren das beste Ergebnis des ersten Quartals seit vielen Jahren. Ende des zweiten Quartals waren 40% mehr Windparkprojekte in Bau oder in einem fortgeschrittenen Projektstadium als letztes Jahr. Mittlerweile verfügen fünf Bundesstaaten über eine Windkraftleistung von über 5.000 MW. Sinnigerweise ist die größte Leistung dort vorhanden, wo am meisten Öl gefördert wird – in Texas.
Spannend mutet auch die Entwicklung an, dass immer mehr große, angesehene Geschäftskunden langfristige Abnahmeverträge für Windstrom abschließen, um so ihre Energiebilanz zu verbessern. Neben General Motors, Procter & Gamble oder General Mills zählen seit kurzem auch T-Mobile und Apple dazu. Fazit: Auch in den USA sind die Weichen längst Richtung Energiewende gestellt, das jetzige präsidiale Intermezzo kann lediglich eine kleine Verspätung verursachen.

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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie".