Warteschlangenabbau wäre kostenneutral

Der Ökostromausbau in Österreich darf nicht Spielball parteipolitischer Interessen sein.

Ende März, kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe, ist die nächste Gelegenheit, eine kleine Novelle des Ökostromgesetzes im Nationalrat zu beschließen, ergebnislos verstrichen. Da für diese Novelle eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, gab es intensive Verhandlungen der beiden Regierungsparteien mit den Grünen. Weil SPÖ und ÖVP ihre eigenen Forderungen auf jeden Fall erfüllt sehen wollen, war der Angelpunkt der Verhandlungen die Forderung der Grünen nach einem Abbau der angestauten Warteschlangen im Bereich der Wind- und Wasserkraft.

Für diesen Abbau muss der Nationalrat ein Sonderkontingent an Fördermitteln bereitstellen. Die Frage ist, ob dieses Sonderkontingent mit dem EU-Beihilfenrecht vereinbar ist, das eine Erhöhung der Fördermittel bis zu 20% erlaubt (siehe Kasten). Die Grünen sagen ja, SPÖ und ÖVP sagen nein.

Seit nunmehr drei Jahren wird über diese Novelle diskutiert. Seit drei Jahren geht es im Kern der Debatte um diese 20%-ige Erhöhung. Doch plötzlich haben die Regierungsparteien eine neue Interpretation ins Spiel gebracht. Statt die maximal 20%-ige Erhöhung auf die Gesamtsumme der Fördermittel über die gesamte 10-jährige Laufzeit der von der EU genehmigten Beihilfe zu beziehen, bringen SPÖ und ÖVP nun vor, dies sei auf ein singuläres Jahresbudget zu berechnen.

Keine höheren Kosten

Der Unterschied: Rechnet man die 20% auf die gesamte Laufzeit, ist der Abbau der Warteschlange beihilfenrechtlich kein Problem, rechnet man die 20% nur auf ein Jahr, wäre ein Sonderkontingent in der erforderlichen Höhe nicht zulässig. Obwohl fachkundige Expertisen vorliegen, die eindeutig aussagen, dass die Gesamtheit der Beihilfe als Berechnungsgrundlage herangezogen werden muss, hat das Wirtschaftsministerium nun eine Anfrage an die EU-Kommission gerichtet und diese um ihre Interpretation ersucht.

IGW-Geschäftsführer Stefan Moidl sagt dazu: „Seit drei Jahren reden wir über diese Novelle, und die ganze Zeit wissen wir, dass es um diese 20%-Klausel geht. Und obwohl zwei Gutachten vorliegen, die zeigen, dass das Sonderkontingent möglich ist, wollen SPÖ und ÖVP das nicht zur Kenntnis nehmen. Nun steht aber in der Regierungserklärung vom Jänner 2017 auch etwas von mehr Investitionen für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Da würde man doch erwarten, dass die Regierung gegenüber der EU den österreichischen Standpunkt vertritt und argumentiert, dass dieses Sonderkontingent absolut konform mit EU-Recht ist.“

Moidl weist darauf hin, nicht nur eine Seite der Medaille zu betrachten: „Wir dürfen nicht nur die Zusatzkosten für den Abbau der Warteschlange anschauen. Da immer mehr Windkraftanlagen das Ende ihrer Förderlaufzeit erreichen und danach keine Förderung mehr bekommen, reduziert das in den nächsten Jahren die gesamten Förderkosten. Wenn wir diese Kostenreduktion den Zusatzkosten gegenüberstellen, sehen wir, dass auch mit einem Sonderkontingent für den Abbau der Warteschlange die Gesamtkosten 2021 nicht höher liegen würden als 2014.“

Schon 2017 werden die gesamten Ökostrom-Förderkosten um 174 Millionen Euro weniger ausmachen als 2016. In den nächsten Jahren werden die dann aus der Ökostromförderung fallenden Windkraftwerke eine zusätzliche Kostenreduktion von rund 20 Millionen Euro jährlich bringen. Und: Die zusätzlichen Mittel für den Abbau der Warteschlange würden sich über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren verteilen. Die Errichtung der jetzt blockierten Windräder braucht eine gewisse Zeit und würde erst nach und nach stattfinden. Förderkosten dafür werden aber erst anfallen, wenn sie Strom ins Netz einspeisen und die Zahlungen der OeMAG zu fließen beginnen.

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Seit 2015 erreichen immer mehr Anlagen das Ende ihrer Förderlaufzeit, fallen daher aus der Förderung und reduzieren damit die Gesamtkosten (blaue Fläche), wird das Sonderkontingent für den Abbau der Warteschlange mit der Kostenreduktion gegengerechnet (blau-grün-schraffierte Fläche) würden die Gesamtkosten 2021 lediglich wieder auf dem Niveau von 2014 liegen.

Mehr Ökostrom ist möglich

Was schief läuft: Der Ökostromausbau in Österreich darf nicht Spielball parteipolitischer Interessen sein. Die Parteien müssen endlich mit Blick auf die übergeordneten Ziele handeln. Das sieht auch Österreichs Energie, die Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft, so, deren Generalsekretärin Barbara Schmidt erklärt: „Es ist daher sinnvoll, die Verhandlungen über die Ökostromnovelle fortzusetzen, um den Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien im Inland strategisch abzusichern.“ Aber Schmidt weiß auch: „Das kann aber nur verwirklicht werden, wenn die wirtschaftlichen und administrativen Rahmenbedingungen stimmen.“
Der zuletzt vorliegende Entwurf der Ökostromnovelle kann diesen Ausbau aber nicht leisten, er brächte im Vergleich zum geltenden Gesetz nicht wesentlich mehr Ökostrommengen. Bei Biogas soll nur der Fortbestand eines Teils der Anlagen gefördert werden, bei der Wasserkraft ist nur eine moderate Erhöhung geplant, diese ginge jedoch sogar noch zu Lasten der Windenergie, und auch für PV würden nicht mehr Fördermittel zur Verfügung stehen.

In den nächsten Wochen werden die Verhandlungen zur Erhaltung der deutsch-österreichischen Strompreiszone geführt. Die Position Österreichs ist dabei nicht einfach, auch deswegen, weil in den letzten Jahren die Stromimporte nach Österreich ständig gestiegen sind. Deswegen meint Peter Püspök, Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich: „Wer für Klimaschutz und gegen Atomkraft und gegen die Auftrennung der deutsch-österreichischen Preiszone ist, muss den Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich befürworten. Deshalb muss jede Möglichkeit eines raschen Ausbaus sauberer Energien genutzt werden.“ Für Püspök ist klar: „Die Verantwortung für das Scheitern der deutsch-österreichischen Strompreiszone werden diejenigen tragen müssen, die seit Jahren den Ausbau der erneuerbaren Energien behindern.“

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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie".