Die Frau, die für die Windenergie wirbt

In der Serie „Wind-Menschen“ stellen wir Ihnen diesmal Karin Mottl vor, die Geschäftsführerin des Vereins Energiepark Bruck/Leitha.

Was sind deine Aufgaben im Verein Energiepark Bruck?

© Energiepark Bruck und Gerhard Scholz
 © Energiepark Bruck und Gerhard Scholz

Karin Mottl: Im Wesentlichen geht es darum, dass ich mir überlege, wie wir Menschen, die bisher noch keinen Zugang zu erneuerbaren Energien haben, mit ins Boot holen können. In unserer Region Römerland Carnuntum leben in 28 Gemeinden insgesamt 75.000 Menschen. Wir versuchen das auf den verschiedensten Ebenen: mit Information, aber auch mit Unterhaltung.

Gib uns ein anschauliches Beispiel für Unterhaltung.

Seit sechs Jahren gibt es unser Akkuschrauber-Rennen. Was auch immer du als fahrbaren Untersatz verwendest, er muss mit zwei Akkuschraubern, die wir beistellen, betrieben werden, und du musst entweder einen Parcours sehr schnell bewältigen oder für den Publikumspreis sehr cool ausschauen. Das gibt immer ein großes Hallo am Brucker Hauptplatz, regt die Leute aber zum Nachdenken und Diskutieren über Energie und alternative Mobilität an.

Information ist für eure Arbeit also sehr wichtig.

Selbstverständlich, der Bereich Bewusstseinsbildung und Information war immer schon ein Baustein des Vereins. Aber es gibt auch den Uni-Lehrgang für erneuerbare Energie, den wir gemeinsam mit der TU Wien nun schon im elften Jahr durchführen, das Technische Büro und als vierten Baustein die Forschungsprojekte zu Themen, die in naher Zukunft spannend werden können.

Wie euer Algenprojekt?

Ganz genau, aus dem Forschungsprojekt Ecoduna entsteht noch heuer die einen Hektar große Algen-Produktionsanlage „eparella“, die Anfang 2018 in Betrieb gehen wird. Ungefähr 100 Tonnen Grünalgen werden jährlich geerntet, getrocknet und als Rohstoff verkauft werden – für Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika, zum Einfärben von Krebserregern, oder auch als Biotreibstoff für Autos und Flugzeuge. Letzteres ist allerdings noch Zukunftsmusik.

Wie siehst du die Rolle des Energieparks in der Region?

Der Energiepark wurde 1995 gegründet, seither hat er 370 Millionen Euro in regionale Projekte investiert. Der Großteil davon fällt auf die 74 Windkraftanlagen, davon 49 im Eigenbetrieb, die wir seit 2000 in der Region errichtet haben. Im Strombereich ist die Region bilanziell längst autark, da sind wir schon bei weit über 100%. Da wird zukünftig die Herausforderung bestehen, die Produktion des Windstroms mit dem Verbrauch in der Region zusammenzuführen. Im Wärmebereich haben wir allerdings noch viel, im Mobilitätsbereich noch ganz viel Luft nach oben. Unsere Zielsetzung ist, die Region Römerland Carnuntum dabei zu begleiten, dass sie in den nächsten Jahrzehnten auch im Gesamtenergiebereich mit erneuerbaren Energien unabhängig wird.

Was sagen die Menschen in der Region dazu?

Zum einen sind sie total stolz, was wir alle gemeinsam hier in dieser Region zu Stande gebracht haben, zum anderen fehlt noch immer das Verständnis dafür, was die Energiewende in Summe braucht und aber auch bedeuten kann.

Mit welchem „Vorleben“ bist du zum Energiepark Bruck gekommen?

Meine Grundausbildung habe ich mit der Matura an der Höheren Lehranstalt für Umwelt und Wirtschaft im Yspertal abgeschlossen. Dann habe ich acht Jahre im Personalbereich eines großen Telefon-Anbieters gearbeitet. Erst mit 28 habe ich auf der Boku das Studium Umwelt- und Bioressourcenmanagement begonnen, gefolgt von einem englischsprachigen Kooperationsstudium Natural Resource Management and Ecological Engineering, das ich auf der Boku in Wien und acht Monate auf der Lincoln University in Christchurch in Neuseeland absolviert habe.

Wie hat es dir in Neuseeland gefallen?

Landschaftlich ist es ein Wahnsinn. In der Früh gehst du ins Meer baden und am Nachmittag dann rauf auf den Berg, wenn du willst auch zum Schifahren. Sehr unterschiedliche Landschaftsformen auf sehr kleinem Raum. Spannend auch die vielen Vulkane, die wären wunderbar zur Nutzung der Geothermie als Energiequelle. Aber doch noch eine ganz andere Kultur als bei uns – also Wärmedämmung geht gar nicht, da wirst du als Weichei angesehen. Und die Neuseeländer sind sehr entspannt, was heute nicht geht, kann auch morgen oder übermorgen erledigt werden.

Verrate uns zum Schluss noch dein Lebensmotto

Ich lebe, ohne groß vorauszuplanen, bin einfach nur jeden Tag dankbar, wie gut es uns hier in Österreich geht. Und wenn es einmal schwierig oder anstrengend ist, dann versuche ich mich daran zu erinnern, dass über den Wolken immer noch die Sonne scheint.


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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie". Da viele der Artikel im Umfang für die Homepage optimiert wurden, empfehlen wir den Download des Original-Artikels.