Der Mann, der die Windräder hegt und pflegt

In der Serie „Wind-Menschen“ stellen wir Ihnen Roland Weyss vor, der für die Stromproduktion der oekostrom AG verantwortlich ist.

Was ist dein Job innerhalb der oekostrom AG?

© Thomas Kirschner
 © Thomas Kirschner

Roland Weyss: Ich bin Geschäftsführer der Produktions-GmbH, meine Aufgabe ist es, für die Firma einen Kraftwerkspark zu organisieren, der zu 100% Ökostrom erzeugt. Wind ist dabei die zentrale Energie, 17 unserer 20 Windkraftwerke stehen in Österreich, der Großteil in Parndorf, einem der besten Windstandorte Österreichs.

Du hast ja euren Kraftwerkspark von Anfang an begleitet.

Ich bin bei der oekostrom AG der längst dienende Mitarbeiter und war lange Mühlenwart. Wir betreiben viele Anlagen, die in Österreich nicht unbedingt gängig sind. Wir haben daher im First-Level-Service sehr viel selber gemacht, und ich war immer der Erste bei den Anlagen. Es gibt kaum eine Tageszeit, wo ich noch nicht in Parndorf war.

Hast du als Geschäftsführer noch den direkten Kontakt zu den Anlagen?

Auf jeden Fall. Das Erste, was ich in der Früh mache, ich schaue, ob sie in der Nacht sauber gelaufen sind, und als Letztes vorm Schlafengehen schaue ich, ob alle Anlagen in Ordnung sind. Als 2009 mein damaliger Chef Stefan Parrer weggegangen ist, habe ich gesagt: Bevor jemand kommt, der das nicht mit vollem Engagement und Herz und Hirn macht, mache ich den Job lieber selber. Seither bin ich Geschäftsführer der Produktions-GmbH und habe diesen Schritt nie bereut.

Wie nimmst du Windräder aus ästhetischer Sicht wahr?

Ich finde die schweigenden Riesen, wenn sie sich da so ruhig drehen, einfach wunderschön. Aber ich kann damit leben, dass sie nicht jeder so schön findet. Allerdings: Hätten die Baumeister der Gotik schon damals die Technik beherrscht, so wunderbare schlanke Konstruktionen zu bauen, wären Windräder das Vorbild für die gotischen Dome gewesen. So schlank, so filigran, so elegant! Diese Gebilde widerspiegeln im Sinne der Bionik wunderschöne Formen direkt aus der Natur.

Wie gehtŽs dir mit der Entwicklung der Energiewende?

Natürlich geht es mir immer zu langsam, aber die Flinte ins Korn zu werfen ist die falsche Reaktion. So jetzt auch mit den Verträgen in Paris: Sie schließen zumindest nicht aus, dass wir es doch irgendwie schaffen können. Jede Kritik ist berechtigt, dass die Ziele zu wenig hart und nicht weitreichend genug seien, aber ich denke, der Mensch lebt von der Hoffnung, und insofern ist es wieder ein Auftrag weiterzutun. Ich kann dem chinesischen Zentralkomitee nicht vorschreiben, was es tun soll, aber in meiner Region kann ich doch einiges bewegen. Für mich gilt nach wie vor: think global, act local.

Was bedeutet für dich privat „act local“?

Ein Beispiel: Gemeinsam mit meiner Frau habe ich in Wien-Hernals ein wunderschönes Holz-Passivhaus gebaut, eine Holzständerkonstruktion, die mit Strohballen gedämmt ist. Den Lehm aus der Baugrube haben wir gleich als Putz verwendet. Mit einer alten Waschmaschine als Sieb haben wir den Schotteranteil aus dem Lehm herausgewaschen, der feine Lehm wurde abgepumpt, der Schotter blieb in der Trommel. Über ein Jahr haben wir gebraucht, um für ein derartiges Haus im städtischen Bereich die Baugenehmigung zu bekommen, aber wir wollten das unbedingt durchziehen.

Hast du noch andere private Leidenschaften?

Ich singe im Chor der Universität für Bodenkultur, das ist für mich ein sehr wichtiges Hobby. Weil der Chorgedanke auch sehr viel mit Teambildung zu tun hat und ein gutes Beispiel für harmonisches Zusammenarbeiten ist. Jeder muss sich voll einbringen, darf sich nicht zurücklehnen, aber immer im Vertrauen darauf, dass auch die anderen am Punkt da sind. Übrigens: Der Chor war auch eine große Hilfe beim Hausbau, denn da braucht man immer Hände, die mit anpacken.

Wie gibst du dein Bewusstsein an deine Kinder weiter?

Ich habe drei Kinder mit 13, 15 und 18 Jahren, die schon sehr ökologisch denken. Wir haben kein Auto und sind meistens mit den Fahrrädern unterwegs, auch im Ausland. Die Kinder wollten nach Griechenland ans Meer, also sind wir von Sofia nach Athen geradelt und konnten so zeigen, auch wenn da hohe Berge zu bewältigen sind, wenn wir das wollen, dann schaffen wir das auch. Wir brauchen halt ein bisschen länger, aber wir kommen mit eigener Kraft dorthin, wo wir hinwollen. Ich finde, das ist ein gutes Sinnbild für die Arbeit mit erneuerbaren Energien: Wir haben noch unendlich viel Arbeit vor uns, aber wenn wir uns fokussiert in die richtige Richtung bewegen, dann werden wir das gemeinsam auch schaffen.


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Die Serie "Windmenschen" erscheint in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie". Porträtiert werden verschiedene Menschen, die in der Windbranche arbeiten - meist "aktiv", direkt am Windrad.