Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz: Nur mit Umsetzungsgarantie

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) wird daran gemessen werden, ob es seinem Namen gerecht wird.

Ob es nämlich den Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich im gewünschten und notwendigen Ausmaß sicherstellt. Ob es eine Umsetzungsgarantie bietet, die in klare Ziele, Budgets und Maßnahmen mündet. Oder ob es die gesetzten Ziele mit untauglichen Mitteln verfolgt und am Ende mehr schadet als nützt.

Diesmal muss es passen

Immerhin geht es um Österreichs Energiezukunft bis 2030. Und schon in der Vergangenheit mussten die erneuerbaren Energien einschlägige negative Erfahrungen mit Eingriffen ins Fördersystem machen, weswegen Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, mahnt: „2006 hatten wir bereits einen mehrjährigen Ausbaustillstand, durch eine Fehlanpassung im Fördersystem.

Einen solchen Einbruch beim Ausbau können wir uns nicht nochmals leisten, sonst ist das Ziel bis 2030 nicht erreichbar.“ Moidl verweist dabei auch auf die bedenklichen Entwicklungen in Deutschland und Frankreich, wo es nach Anpassungen im Fördersystem zu dramatischen Rückgängen beim Windkraftausbau kam (siehe S. 16-17). Die Notwendigkeiten sind klar: Um das von der Regierung in ihrer „#mission 2030“ angestrebte Ziel von 100% Ökostrom erreichen zu können, müssen die Potentiale aller erneuerbaren Energien genutzt werden. Passende Rahmenbedingungen vorausgesetzt kann die Windkraft bis 2030 ihre Gesamtleistung auf 7.500 MW erhöhen und damit jährlich 22,5 Milliarden Kilowattstunden sauberen Strom liefern. Diese Verdreifachung der Windstromproduktion würde dann ein Viertel der Stromversorgung sichern. Moidl betont aber: „Dafür braucht es spätestens ab 2020 einen Bruttoausbau der Windkraft um jährlich durchschnittlich 120 Windräder mit einer Leistung von 500 MW.“ In den letzten Jahren gab es eine äußerst unerfreuliche Entwicklung des Windkraftausbaus in Österreich. Nach 2014 ging es mit diesem kontinuierlich bergab. 2014 wurden noch 143 Windkraftanlagen errichtet, 2018 nicht einmal mehr die Hälfte davon. 2017 verhinderte nur die kleine Ökostromnovelle ein noch dramatischeres Absinken. „Um aber 2030 Strom zu 100% mit Erneuerbaren zu erzeugen, brauchen wir eine deutliche Steigerung beim Bau neuer Windkraftanlagen“, sagt Moidl.

Expertise nicht genutzt

Damit aber der Ausbau der Windkraft im notwendigen Ausmaß erfolgen kann, dürfen sowohl bei den Änderungen im Fördersystem als auch bei den Strommarktbedingungen keine Fehler passieren. In den Verbänden der erneuerbaren Energien ist ein enormes Maß an Know-how vorhanden, das aber für das EAG derzeit nicht genutzt wird. Das bedauert auch IGW-Chef Moidl: „Die Einbindung der Erneuerbaren-Verbände wäre dringend notwendig.“ Bis Ende 2018 will die Regierung die Eckpunkte des neuen EAG festlegen. Wieweit diese Eckpunkte den realen Erfordernissen für den Ausbau der Erneuerbaren gerecht werden, werden dann die kommenden Jahre zeigen (wenn so manche heute entscheidungsbefugte PolitikerInnen längst wieder Geschichte sind). Die Erneuerbaren- Verbände haben – basierend auf ihren langjährigen Erfahrungen – ihrerseits bereits wesentliche Eckpunkte definiert, die das EAG zu einem neuen Erfolgsmodell machen würden.

Wichtige Eckpunkte im neuen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz

  • Marktprämienmodell mit variabler Prämie
  • Administrative Festlegung der Förderhöhe, kein Ausschreibemodell
  • 20 Jahre Förderlaufzeit
  • Standortdifferenziertes Fördersystem
  • Verbesserte Gestaltung des Strommarktes zur optimalen Vermarktung von Ökostrom
  • Rechtssicherheit für bereits bewilligte Projekte

Bild: © Klaus RockenbauerBild: © Klaus Rockenbauer

Ein zentrales Element im EAG wird die Regelung sein, mit der die Höhe der Ökostromförderung festgelegt werden soll. Die EU-Leitlinien sehen vor, dass die Mittelvergabe wenn möglich über Ausschreibungen erfolgen soll. Die desaströsen Erfahrungen mit den jüngst in Frankreich und Deutschland fulminant gescheiterten Ausschreibungen für Windkraftprojekte lassen nicht erkennen, warum die EU daran festhalten sollte. Es sind jedoch in den Leitlinien (vgl. Randziffer 126) auch eindeutige Ausnahmen definiert, wann von Ausschreibungen abgesehen werden kann. Peter Püspök, Präsident Erneuerbare Energie Österreich, erklärt, warum gerade Österreich von diesem Ausnahmerecht unbedingt Gebrauch machen sollte: „Wer sich mit den Tücken dieser Ausschreibemodelle auseinandersetzt, stellt schnell fest, dass diese in einem kleinen Land wie Österreich nicht funktionieren können. Die Erreichung der Ausbauziele muss aber gesichert werden und deswegen höchste Priorität haben. Wir sollten uns daher lieber über die effiziente und effektive Zielerreichung Gedanken machen, und nicht über Experimente wie komplexe Ausschreibungen, die mit großer Wahrscheinlichkeit Schaden anrichten. Faire Preise durch administrative Festlegung sind unter diesen Gegebenheiten die bessere Variante.“

Mit Marktprämie zum Ziel

Nach sorgfältiger Evaluierung verschiedener Fördermodelle hat die IG Windkraft insbesondere das erprobte und erfolgreiche Modell der variablen Marktprämie als für den Windkraftausbau wünschenswert und zielführend identifiziert. Dieses Fördermodell wird in Deutschland seit 2009 erfolgreich angewendet, in den letzten Jahren haben die meisten EU-Mitgliedstaaten bei der Erneuerung ihrer Fördersysteme auf variable Marktprämien für Windstrom umgestellt. Weder Ausschreibungssysteme noch Investitionsfördermodelle haben sich bisher in Europa zur Umsetzung nennenswerter Leistungen im Windkraftbereich bewährt. Im wettbewerblichen Marktprämienmodell vermarkten die Ökostromerzeuger ihren Strom direkt. Der Erlös ergibt sich aus den Einkünften des Marktpreises und der Marktprämie. Die variable Marktprämie ist die Differenz aus einem administrativ festgelegten Wert je Technologie und dem erzielten Marktpreis. Die technologiespezifische Ausgestaltung der Förderung ist dabei ein ganz entscheidender Faktor, denn um das Ziel „100% Ökostrom bis 2030“ zu erreichen, werden die Potentiale aller erneuerbaren Energien gebraucht. Jede Technologie hat ihre eigene Charakteristik der Stromerzeugung, und um einen starken Ausbau zu gewährleisten, muss jede Technologie gesondert behandelt werden.

Wie in allen anderen neuen Fördersystemen für Ökostrom in Europa sollte die Laufzeit für die Förderung durchgängig 20 Jahre betragen. Um die Vergabe der Fördermittel für die Windkraft möglichst effizient zu gestalten, sollte ein Differenzierung nach Standortqualität – ähnlich wie das Referenzertragsmodell in Deutschland – in ein neues Fördersystem eingebunden werden. Nach der bisherigen starken Konzentration des Windkraftausbaus in Österreich soll damit eine breitere Verteilung der Standorte angestrebt werden, was auch aus netztechnischer Sicht äußerst vorteilhaft ist. Dafür braucht es aber ein differenziertes Fördermodell. Im Zuge der Umgestaltung der Ökostromförderung müssen auch passende Voraussetzungen auf dem Strommarkt geschaffen werden. So ist für die Vermarktung von Windstrom zum Beispiel der Zugang zu einem funktionierenden liquiden und kurzfristigen Viertelstundenhandel unerlässlich. Ebenso müssen die Regel- und Ausgleichsenergiekosten in Österreich auf das deutlich niedrigere Niveau vergleichbarer Länder gesenkt werden und die diskriminierende Kostenbelastung durch Netzgebühren für die heimische Stromerzeugung im Vergleich zu Importstrom beseitigt werden.

Anreize für den Ausbau

Nicht vergessen werden darf auf die Rechtssicherheit für bestehende Anlagen und für bereits bei der OeMAG beantragte Projekte. Für diese braucht es klare Übergangsbestimmungen, wie das auch in anderen Ländern bei einer Umstellung des Fördersystems üblich ist. Sie sollten das Wahlrecht haben, in das neue Fördersystem wechseln zu können oder im bestehenden System zu bleiben. Eine Lösung noch im bestehenden Einspeisetarifsystem muss dringend auch für den Abbau der Warteschlange bei der OeMAG geschaffen werden – als sofort umsetzbares Impulsprogramm zur Steigerung des Erneuerbaren- Ausbaus. Noch immer warten dort 200 fertig genehmigte und baureife Windräder auf einen Vertrag. Dennoch steht für Moidl fest: „Messen wird man das Gesetz aber nicht nur daran, ob damit die in der Warteschlange hängenden Anlagen rasch gebaut werden können. Entscheidend wird sein, dass es stabile Rahmenbedingungen schafft, die einen starken Anreiz für die Entwicklung neuer Projekte bieten.“ Österreichs Windkraft kann einen massiven Beitrag zur Erreichung des 100%-Ökostrom-Zieles leisten. Ihr zügiger Ausbau kann in den nächsten zwölf Jahren starke Impulse für die regionale Wertschöpfung und nachhaltige Effekte auf dem Arbeitsmarkt bewirken. Dafür braucht es aber ein praxistaugliches EAG, das den Ausbau der erneuerbaren Energien auch tatsächlich voranbringen kann, wie Moidl bekräftigt: „Der Umstieg auf 100% Strom aus Erneuerbaren muss strategisch geleitet erfolgen, um technisch sinnvoll und kosteneffizient umgesetzt werden zu können. Das neue Gesetz muss für den für die Zielerreichung notwendigen starken Ausbau der Erneuerbaren einen planbaren Weg sicherstellen. Experimente können wir uns keine mehr leisten.“

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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie".