Ökostrom: Stillstand und neue Belastungswelle statt Aufschwung

Ökostromverbände kritisieren geplante Netzgebührenerhöhung und fordern rasche EU-Genehmigung des Ökostromgesetzes

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Wien, 12.11.2008: Die geplante Neuregelung der Netzgebühren bedroht österreichische Stromerzeuger und besonders die Ökostromerzeuger. Deshalb lehnen die Ökostromverbände (Biomasse-Verband, IG Windkraft, Kleinwasserkraft Österreich und Photovoltaik Austria) den Vorschlag der Energie-Control Kommission für die neue Systemnutzungstarife-Verordnung strikt ab.
Außerdem fordern die Ökostromerzeuger eine Beschleunigung des laufen-den EU-Genehmigungsverfahrens der Ökostrom-Novelle. Investitionen im Ausmaß von 3,8 Mrd. Euro können nicht umgesetzt werden.

Die Aufbringung der Strom-Netzgebühren soll neu geordnet werden. Bisher waren wesentliche Komponenten der Netznutzungsgebühren von den Verbrauchern und nicht von den Erzeugern zu tragen. Dies ist auch international so üblich. In Zukunft sollen nun jedoch auch die inländischen Erzeuger massiv bei den Netzkosten mit-bezahlen. Geplant ist eine drastische Erhöhung der Netzgebühren für österreichi-sche Erzeuger zwischen 130 und 270% (auf 0,25 bis 0,41 Cent/kWh).

Freie Fahrt für Atomstrom - Gebührenschock für Ökostrom

Dies bedeutet eine massive Benachteiligung der heimischen Stromerzeuger gegen-über ihren europäischen Konkurrenten. Letztere haben in ihren Heimatländern kei-ne Netzgebühren zu tragen. Exportieren sie den Strom nach Österreich, haben sie damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.
Besonders betroffen sind österreichische Ökostromerzeuger. Sie bekommen einen gesetzlich vorgeschriebenen Fixpreis für ihren Strom. Wenn sie nun, was in dieser Höhe niemals absehbar war, für die Netzgebühren zur Kasse gebeten werden, kön-nen sie diese Kosten nicht weitergeben. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit ihrer Projekte. Für einen typischen Windpark bedeutet dies bei-spielsweise einen Einbruch der Wirtschaftlichkeit um knapp die Hälfte.
Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Freie Fahrt für Stromimporte, egal ob aus Gas-, Kohle- oder Atomkraftwerken, existenzbedrohender Gebührenschock für in-ländische Ökostromerzeuger – und das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten!

E-Control wird kritisiert

Durch die Aufteilung der Netzgebühren auf Verbraucher und Erzeuger soll der An-schein einer Netzgebührensenkung für Verbraucher erweckt werden. „Das Ganze ist ein billiger Taschenspielertrick der Regulierungsbehörde, die um jeden Preis niedrige Netzgebühren vorweisen will, auch wenn das beim Verbraucher nie an-kommen wird“, enttarnt DI Martina Prechtl, Geschäftsführerin von Kleinwasserkraft Österreich, das Ansinnen der Energie-Control-Kommission: „Wir zweifeln eine tat-sächliche Entlastung der Stromkunden ernsthaft an. Die zusätzlichen Gebühren für die Erzeuger werden sich nämlich in den Rechnungen der Stromkunden wieder fin-den, und am Ende des Tages bezahlt alles erst wieder der Verbraucher. Anstatt für transparente Marktbedingungen zu sorgen, wie es ihre Aufgabe wäre, erweckt die E-Control so nur den Anschein einer Senkung der Netztarife.“

„Dieser Anschlag auf die Ökostrombranche muss abgewendet werden“, fordert Dr. Hans Kronberger, Präsident von Photovoltaik Austria.

EU-Genehmigung der Ökostrom-Novelle: Investitionen um 3,8 Mrd. € werden blockiert

Das andere Thema, das den Ökostromproduzenten derzeit unter den Nägeln brennt, ist das Inkrafttreten der im Juni beschlossenen Ökostromgesetzesnovelle. Sie liegt derzeit bei der EU-Kommission zur Genehmigung. Nach der unglücklichen Novelle 2006 birgt dieses Gesetz zumindest die Hoffnung, dass der seit zwei Jahren stockende Ökostromausbau (bei entsprechenden Einspeisetarifen) wieder an Fahrt gewinnt. Auch die gefährdeten Biogasanlagen können in ihrer Existenz geschützt werden. Derzeit deutet vieles darauf hin, dass sich das Genehmigungsverfahren in die Länge zieht und das Gesetz nicht wie geplant mit 1.1. 2009 in Kraft treten kann. Die Ökostromerzeuger hängen damit in der Luft. Der Ball liegt beim Wirt-schaftsministerium, das bis Ende November 23 Fragen der EU-Kommission beant-worten muss.

„Das Wirtschaftsministerium muss im Genehmigungsverfahren engagiert, kompe-tent und mit hohem Nachdruck agieren. Die Ökostrombranche braucht rasch klare Rahmenbedingungen“, fordert Dr. Heinz Kopetz, Präsident des Biomasse-Verbandes.

„Im Zweifel muss man das Verfahren aufteilen, die Genehmigung der unproblema-tischen Teile könnte dann rasch erfolgen. Dann können wir den Ausbau von Öko-stromanlagen endlich fortsetzen. Allein die Umsetzung der im Gesetz geplanten Ziele bedeuten ein sofort aktivierbares Investitionsvolumen von 3,8 Mrd. €. In Zei-ten einer herannahenden Rezession ist das ein wichtiger Konjunkturimpuls“, stellt Mag. Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft, abschließend fest.

Rückfragehinweis

Mag. Stefan Moidl, IG Windkraft: Tel. +43 676 3707820;
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Für redaktionelle Verwendung können die Bilder kostenlos verwendet werden. Copyright-Vermerk für die Bilder der Pressekonferenz (inkl. der Personen): Gregor Grill - Biomasse-Verband.
Copyright-Vermerk für die Windkraft-Bilder ("Wind Netz"): Stefan Hantsch - IG Windkraft.

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